Die Wachstumsrate am Private-Credit-Markt für die letzten zehn Jahre war mehr als doppelt so hoch wie die der breiteren Vermögensverwaltungsbranche.1 Dieses rasante Wachstum ist zum großen Teil auf die Attraktivität der historischen Illiquiditätsprämie dieser Anlageklasse zurückzuführen. Angesichts der aktuell unsicheren und volatilen Marktlage legen viele Investoren heute jedoch zunehmend Wert auf Liquidität.
In diesem Artikel kommen wir zum Kern der Sache: Lohnt sich die zusätzliche Rendite von Private-Credit-Anlagen überhaupt noch?
Was ist die Illiquiditätsprämie im Bereich Private Credit?
Die Aufschläge für Private-Credit-Anlagen variieren sowohl im Laufe der Zeit als auch zwischen den verschiedenen Teilsektoren des Marktes. Mit dieser Prämie werden das Illiquiditätsrisiko der Anlageklasse sowie deren Komplexitäts-, Faktor-, idiosynkratische und sonstige Risiken kompensiert. In der Vergangenheit haben gängige Allokationen wie Direktkredite einen Renditeaufschlag von über 4% gegenüber ähnlichen öffentlichen Märkten für Titel mit einem Rating unter Investment Grade erzielt.2 Unsere Multi-Asset-Strategen gehen für die Zukunft jedoch von einer konservativeren Schätzung von 2% für breite Private-Debt-Allokationen aus. Ein wichtiger Faktor ist, dass Private-Credit-Allokationen potenzielle Vorteile wie eine höhere Widerstandsfähigkeit und eine bessere Diversifizierung des Portfolios bieten.
Beurteilung von Private-Credit-Anlagen in volatilen Märkten
Unabhängig davon, ob die Prämie bei 2% oder über 4% liegt – Investoren müssen bei der Bewertung der potenziellen Vorteile von Private Credit die aktuelle Liquiditätslage berücksichtigen. Unserer Meinung handelt es sich bei der daraus resultierenden Frage „Lohnt sich die Illiquiditätsprämie?“ eigentlich um drei verschiedene Fragen:
- Welche Teilsektoren bieten künftig besonders attraktive Renditeaufschläge?
- Können Sie die für den Zugang zu diesen Aufschlägen erforderliche Illiquidität verkraften?
- Wie können die besonderen Merkmale von Private-Credit-Anlagen dazu beitragen, das Risiko zu mindern?
Wir sind davon überzeugt, dass Investoren am besten beraten sind, wenn sie drei Überlegungen zur Umsetzung anstellen, um diese Fragen zu beantworten.
1. Berücksichtigen Sie Bereiche mit überdurchschnittlich hohen zukünftigen Aufschlägen
Ein Ansatz, den Investoren verfolgen können, um die aktuelle Marktunsicherheit zu bewältigen, besteht darin, für Anlagen an Privatmärkten einen überdurchschnittlichen Aufschlag zu verlangen. Während einige Bereiche des Private-Credit-Marktes eine Spreadeinengung verzeichnet haben, sind die Spreads in zahlreichen anderen Bereichen im historischen Vergleich nach wie vor attraktiv.
So ist der Markt für börsennotierte US-Unternehmensanleihen beispielsweise derzeit ausgesprochen angespannt, der Markt für Private-Credit-Anlagen mit Investment-Grade-Rating hingegen deutlich weniger. Darüber hinaus ist der Spreadaufschlag von Private-Credit-Anlagen mit Investment-Grade-Rating gegenüber dem öffentlichen Markt im historischen Vergleich hoch (74. Perzentil). Wir sind davon überzeugt, dass eine Konzentration auf Allokationen mit dieser Art von Aufschlag das Wertpotenzial erheblich steigern kann.
2. Berechnen Sie Ihren Liquiditätsbedarf (und ziehen Sie einen Liquiditätspuffer in Betracht)
Während die Allokationen im Bereich Private Credit in den letzten Jahren über alle Anlegerkategorien hinweg zugenommen haben,3 variiert die Größe der Allokation je nach den spezifischen Bedürfnissen sowie der Illiquiditätstoleranz der Anleger. Beispielsweise können Anleger, die sich an Verbindlichkeiten oder regulatorischen Vorgaben orientieren (z. B. Pensionskassen und Versicherungen), ein höheres Illiquiditätsbudget aufweisen, da sie in der Regel auf die Maximierung der Rendite pro Risikoeinheit ausgerichtet sind. Demgegenüber streben eher taktisch orientierte Anleger, wie beispielsweise Stiftungen und Family Offices, möglicherweise die höchste absolute Rendite aus Illiquidität an. In Zeiten hoher Marktvolatilität und Unsicherheit ist es für Investoren von entscheidender Bedeutung, ihre Prognosen zum künftigen Liquiditätsbedarf auf den neuesten Stand zu bringen. Wir sind davon überzeugt, dass die Modellierung von Cashflow-Szenarien und die Durchführung von Stresstests zur möglichen Marktentwicklung dazu beitragen können, die Unsicherheit zu mindern und potenzielle Auswirkungen abzuschätzen.
Wichtig ist, dass Anleger durch den Zugang zu Bereichen der Anlageklasse, die einen überdurchschnittlichen zukunftsbezogenen Aufschlag gegenüber den öffentlichen Märkten aufweisen, das Potenzial haben, sich einen Liquiditätspuffer aufzubauen. Dieser hilft ihnen, das Illiquiditätsrisiko der Anlageklasse in Zeiten erhöhter Marktunsicherheit zu bewältigen.
Ein Investor, der langfristig Illiquidität akzeptieren kann, aber kurzfristig Bedenken hinsichtlich des Marktes hat, könnte sich beispielsweise dazu entscheiden, 25% seiner geplanten Private-Credit-Allokation in liquiden Mitteln in Reserve zu halten. Dieser Ansatz würde zwar die kurzfristigen Erträge verringern, dafür aber eine höhere Liquidität des Portfolios gewährleisten (Abbildung 1). Vor allem aber liefert er ein Paradebeispiel zur Verdeutlichung des Werts des Renditeaufschlags an privaten Märkten in verschiedenen Teilsektoren des Private-Credit-Segments. Wachstumskredite (Growth Lending) bieten bei einem Liquiditätspuffer von 25% immer noch einen Aufschlag von 3% gegenüber den öffentlichen Märkten, was es Investoren erlaubt, den bei Allokationsentscheidungen oftmals angestrebten Aufschlag von 2% bis 4% zu erzielen. Im Direct-Lending-Bereich hingegen würde ein ähnlicher Liquiditätspuffer den historischen Aufschlag auf 0,1% sinken lassen, was für einige Anleger im aktuellen Umfeld möglicherweise nicht ausreichend ist.