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Anlageperspektiven

Gibt es immer noch Anlagechancen in europäischen Aktien? Die Positionierung ist entscheidend

Nicolas Wylenzek, Macro Strategist
5 Min. Lesezeit
2026-07-31
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Die zum Ausdruck gebrachten Ansichten sind diejenigen des Autors bzw. der Autorin zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Dokuments. Andere Teams können andere Ansichten vertreten und andere Anlageentscheidungen treffen. Der Wert einer Anlage kann gegenüber dem Zeitpunkt der ursprünglichen Investition steigen oder sinken. Von externen Anbietern stammende Daten werden zwar als verlässlich erachtet, doch gibt es keine Garantie für ihre Richtigkeit. Nur für professionelle, institutionelle oder zugelassene Anleger.

Europäische Aktien sind wieder in der Gunst der Anleger gestiegen, da diese dem gestiegenen Potenzial der Region zunehmend Anerkennung zollen. Dies geht sogar so weit, dass die Niveaus europäischer Aktienindizes allmählich taktisch etwas überzogen erscheinen, insbesondere angesichts bestimmter kurzfristiger Herausforderungen.

Ich bin zwar weiterhin von den Argumenten für Europa überzeugt, die Anleger sollten sich aber auf die Unternehmensfundamentaldaten konzentrieren, anstatt sich auf die positive Dynamik zu verlassen. Da sich in Europa gerade ein grundlegender Umfeldwechsel vollzieht, ist meiner Ansicht nach auch die Portfoliopositionierung von enormer Bedeutung, da sie dabei helfen kann, von den Vorteilen dieses neuen europäischen Wirtschaftsmodells zu profitieren, das sich gerade entwickelt.

Nachstehend teile ich meine Überlegungen dazu, was dies in der Praxis bedeuten könnte.

Die Argumente für europäische Anlagen sind immer noch überzeugend

Ich sehe drei Gründe (in absteigender Reihenfolge ihrer Bedeutung), die die Argumente für Europa weiterhin unterstützen:

  1. Struktureller Umfeldwechsel: Meiner Meinung nach stellt sich Europa allmählich seinen großen geopolitischen und makroökonomischen Herausforderungen und verabschiedet sich von seiner übermäßig hohen Abhängigkeit von Exporten zugunsten eines stärker auf das Inland fokussierten Wachstumsmodells, mit stärkerer fiskalpolitischer Unterstützung und Koordination auf europäischer Ebene. 
  2. Diversifizierungspotenzial: In einer durch unterschiedliche Entwicklungen geprägten und weniger stabilen Welt bietet Europa globalen Anlegern beträchtliche Diversifizierungschancen, was sich auch anhand der wachsenden Kapitalzuflüsse durch Anleger zeigt, die ihre Abhängigkeit von der US-Sonderstellung reduzieren möchten.
  3. Bewertungen: Abgesehen von kurzfristigen Bedenken sind die Bewertungen größtenteils sowohl auf absoluter als auch relativer Basis weiterhin attraktiv.

Die wachsenden Unterschiede zwischen europäischen Aktien nicht aus dem Auge verlieren

Nach der jüngsten Rally wird der zukünftige Entwicklungspfad unter Umständen weniger klar sein und dürfte meines Erachtens einen größeren Fokus auf die Positionierung sowie detaillierte Unternehmensanalysen erfordern. 

  • Herabstufungen von Gewinnprognosen: Europa scheint anfälliger für kurzfristige Herausforderungen als andere Regionen zu sein, was auch durch die höhere Zahl von Herabstufungen der Gewinnprognosen veranschaulicht wird.
  • Unterschiedliche Auswirkungen des Umfeldwechsels: Die strukturellen Veränderungen, die sich gerade in Europa vollziehen, helfen bestimmten Sektoren und Unternehmen mehr als anderen. Im Allgemeinen scheinen international agierende Unternehmen die Verlierer zu sein, während stärker auf das Inland fokussierte Firmen und Sektoren profitieren.

Die kurzfristigen Herausforderungen im Blick behalten

Nachstehend habe ich einige der wichtigsten Negativtrends aufgeführt, die ich angesichts ihrer potenziellen Auswirkungen auf die europäischen Gewinne und Bewertungen überwache:

  • Ein sich verlangsamender globaler Zyklus: Angesichts des hohen Anteils international aktiver Unternehmen sind die europäischen Aktienmärkte tendenziell sehr anfällig für die Entwicklung des globalen Zyklus. Die globale Konjunkturdynamik verlangsamt sich allmählich, da die handelspolitische Unsicherheit und zunehmende geopolitische Spannungen die Wirtschaftsaktivitäten belasten. 
  • Aufwertung europäischer Währungen: Da europäische Unternehmen den Großteil ihres Umsatzes im Ausland erwirtschaften, sind ein schwächerer US-Dollar und stärkere europäische Währungen eindeutig negativ.
  • Höhere Zinsen: Trotz der jüngsten Zinssenkungen und engen Kreditspreads sind die Zinsen immer noch höher als zuvor, weshalb die Finanzierungs- bzw Refinanzierungskosten höher sind.

Warum diese Sorgen Richtung 2026 durch die europäische Binnennachfrage ausgeglichen werden könnten

Nach einer längeren Schwächephase rechne ich damit, dass sich die europäische Binnennachfrage Richtung 2026 beschleunigt, was einige der vorstehend erwähnten Herausforderungen ausgleichen sollte. Meine optimistischere Einschätzung stütze ich u.a. auf die folgenden Überlegungen:

  • Deutschlands fiskalpolitische Kehrtwende: Im früheren Jahresverlauf gab Deutschland eine grundlegende Veränderung seiner fiskalpolitischen Ausrichtung bekannt. Nach Jahren der Sparpolitik plant das Land nun, im kommenden Jahrzehnt ca. 25% des Bruttoinlandsprodukts für Infrastruktur- und Verteidigungsprojekte auszugeben. Es gibt diesbezüglich zwar zweifellos Herausforderungen bei der Umsetzung, dieses große Ausgabenprogramm hat meines Erachtens aber das Potenzial, das deutsche und europäische Wachstum deutlich anzukurbeln und einen Teil der durch den Zollschock verursachten Schäden auszugleichen. Wir könnten angesichts des Fokus der Regierung auf lokalen Investitionen, die einen unmittelbaren und sichtbaren Effekt haben, schon nächstes Jahr die ersten Auswirkungen sehen. 
  • Geldpolitische Lockerung: Die geldpolitischen Bedingungen in Europa signalisieren bereits eine Verbesserung bei der Wirtschaftsdynamik. Falls die Inflation wie von mir erwartet weiter sinkt, ist eine zusätzliche Lockerung wahrscheinlich. Dies sollte dem Binnenwachstum zugutekommen, da in Europa der Schwerpunkt eher auf kurzfristigen Zinsen liegt – sowohl Unternehmen als auch private Haushalte nutzen in erheblichem Maße kürzerfristige Darlehen mit variablen Zinssätzen. Ein aufschlussreiches Signal ist die allmähliche Erholung der Aktivitäten im europäischen Baugewerbe.
  • Robuste Finanzlage privater Haushalte: Die europäischen Verbraucher haben beträchtliche Ersparnisse angehäuft, weshalb ihre Finanzlage so robust wie seit mehr als zwei Jahrzehnten nicht mehr ist. Sinkende Zinsen, steigende Immobilienpreise und das Ende des Energieschocks sollten dem Konsum zugutekommen und eine gewisse Normalisierung der Sparquote ermöglichen. Auf Basis bestimmter Kennzahlen liegt das Wachstum bei Konsumentenkrediten in der Eurozone bereits über dem in den USA.
  • Eine Erholung im verarbeitenden Gewerbe: Das verarbeitende Gewerbe hat das europäische Wachstum mehrere Jahre lang belastet, konjunkturelle Frühindikatoren haben jüngst aber Anzeichen für eine Erholung gezeigt, da sich der Auftragsbestand und die Lagerbestände offenbar stabilisieren. Dies vollzieht sich zwar ausgehend von einem sehr niedrigen Niveau, es sind aber die klarsten Anzeichen für ein Erreichen des Tiefpunkts seit vier Jahren.

Was bedeutet das alles für die Positionierung?

Nachstehend sind einige allgemeine Grundsätze aufgeführt, die Anleger meiner Ansicht nach in Erwägung sollten: 

  • Auf das Inland fokussierte Unternehmen bevorzugen: Unternehmen mit Fokus auf dem Inland verzeichnen bereits eine deutlich bessere Gewinndynamik als ihre international agierenden Pendants, was Gutes für ihre Aktienkursentwicklung verheißt, da ich im nächsten Jahr mit einer Belebung des inländischen Wachstums rechne.
  • Nach robusten Margen Ausschau halten: Die Gewinnprognosen für viele europäische Unternehmen erscheinen historisch betrachtet überzogen. Ein Teil dieses erwarteten Margenwachstums ist zwar struktureller Natur, ich sehe dies aber trotzdem als ein kurzfristiges Risiko, besonders in Kombination mit teuren Bewertungen. Investitionsgüter, Software und gewerbliche Dienstleistungen sind Bereiche, die diesbezüglich besonderen Anlass zur Sorge bieten. 
  • Den Fokus auf Profiteure des Umfeldwechsels legen: Neben Sektoren, die stärker durch die Inlandsnachfrage beeinflusst werden, wie Telekommunikation, Banken und das Baugewerbe, halte ich bestimmte Verteidigungsunternehmen und Versorger mit hohen Markteintrittsbarrieren im Rahmen der sich vollziehenden Veränderungen in Europa für die voraussichtlichen Gewinner. Abgesehen von einigen nennenswerten Ausnahmen erscheinen viele dieser Aktien günstig bewertet auf längere Sicht.
  • Ehemalige Gewinner vermeiden: Die Bewertungen großer exportorientierter Unternehmen in Sektoren wie Luxusgüter und Autos haben sich dagegen meines Erachtens noch nicht an das neue Umfeld mit einer Verlangsamung der Globalisierungsdynamik und höheren Handelsbarrieren angepasst. Ich würde mich auch von Wachstumsunternehmen fernhalten, die von günstiger Finanzierung abhängig sind, da eine strukturell höhere Inflation vermutlich einschränkt, wie stark die Zinsen sinken können.

Fazit

Die Argumente für Europa sind weiterhin robust, Anleger müssen jedoch selektiver vorgehen und sich vorsichtig positionieren, um die Auswirkungen der aktuellen Herausforderungen zu reduzieren und ihr Engagement in neuen Anlagechancen zu optimieren, die durch den aktuellen Umfeldwechsel in Europa entstehen.

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Nicolas Wylenzek

Macro Strategist

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