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Anlageperspektiven

Rotationen und Neuausrichtungen: Neue Überlegungen zu Aktien

Andrew Heiskell, Equity Strategist
5 Min. Lesezeit
2026-10-31
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Die zum Ausdruck gebrachten Ansichten sind diejenigen des Autor bzw. der Autorin zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Dokuments. Andere Teams können andere Ansichten vertreten und andere Anlageentscheidungen treffen. Der Wert einer Anlage kann gegenüber dem Zeitpunkt der ursprünglichen Investition steigen oder sinken. Von externen Anbietern stammende Daten werden zwar als verlässlich erachtet, doch gibt es keine Garantie für ihre Richtigkeit. Nur für professionelle, institutionelle oder zugelassene Anleger. 

Seit dem „Liberation Day“ im April haben die Aktienmärkte ihre Verluste wieder wettgemacht und scheinen sich in einem Aufwärtstrend zu befinden. Doch unter der Oberfläche der Rekordkurse suchen Markt und Wirtschaft nach einer klaren Richtung. 

Eine Reihe rollender Rezessionen und Erholungen kann den Blick auf das Gesamtbild verschleiern. Diese Schwankungen mögen zum damaligen Zeitpunkt jeweils als risikoreich wahrgenommen worden sein. Tatsächlich hat die Weltwirtschaft in den letzten drei Jahren jedoch größtenteils keine klare Richtung gezeigt. Die Märkte sind zwischen zwei gegensätzlichen Sichtweisen gefangen: einem „Goldlöckchen“-Szenario mit höherem Wachstum und niedrigerer Inflation und einem Szenario, in dem die Inflation steigt und das Wachstum nachlässt. Die breiten wirtschaftlichen Expansions- oder Kontraktionsphasen, wie wir sie in früheren Zyklen erlebt haben, sind schlichtweg nicht eingetreten. Teile des Aktienmarktes haben sich ebenfalls seitwärts bewegt. So spiegelt sich dieses makroökonomische Umfeld etwa in der breiten Seitwärtsbewegung wider, die US-Small-Caps zwischen 2021 und 2025 durchlaufen haben. 

Noch im Jahr 2022 konnten Aktienanleger anhand der ISM-Umfragen einen ziemlich guten Eindruck davon gewinnen, in welche Richtung sich der Markt entwickeln würde, da diese Umfragen als Frühindikatoren für die Konjunkturentwicklung dienen. Werte über 50 sind in der Regel ein gutes Zeichen für Wirtschaftswachstum und bedeuteten in der Vergangenheit günstige Bedingungen für die Aktienmärkte. Werte unter 50 deuten dagegen in der Regel auf das Gegenteil hin. In den letzten drei oder vier Jahren lag der Durchschnittswert bei etwa 50. Der Indikator signalisierte somit weder eine deutlich rückläufige noch eine klar steigende Tendenz. Stattdessen: eine „wirtschaftliche Hängepartie“, die den Anlegern kein klares Signal in die eine oder andere Richtung gibt. 

Warum ist die Wirtschaft so festgefahren?

In den letzten fünf Jahren gab es einige dramatische Veränderungen bei den Triebkräften der Wirtschaftstätigkeit. Beispiele hierfür sind etwa die Auswirkungen von Lockdowns während der Pandemie auf das Verbraucherverhalten, die Entwicklung der Geld- und Fiskalpolitik, das geopolitische Klima, Trump sowie die Auswirkungen der KI. Im Zentrum dieser verfahrenen Situation steht das wiederkehrende Thema der Zweiteilung. Meiner Meinung nach lassen sich fünf wesentliche Faktoren ausmachen, von denen viele sich gegenseitig verstärken:

Eine Kluft zwischen Gütern und Dienstleistungen 

Das globale Wachstum basiert zwar in erster Linie auf dem Dienstleistungssektor, es ist aber bemerkenswert, dass die Zweiteilung zwischen den Güter- und Dienstleistungsbereichen der Weltwirtschaft noch nie so ausgeprägt war wie heute. Dies geht auf die Pandemie und deren Auswirkungen auf unser Ausgabeverhalten zurück. Während der Lockdowns war niemand in der Lage, Geld für Dienstleistungen auszugeben. Die Nachfrage nach Gütern war hingegen sehr hoch. Nach der Rückkehr zum Normalzustand wurden die Ausgaben für Dienstleistungen erneut priorisiert, insbesondere angesichts der Auswirkungen von Störungen der Lieferketten auf Güter. 

Die ungleichmäßigen Auswirkungen der fiskalpolitischen Konjunkturmaßnahmen 

Ein entscheidender Faktor für die Zweiteilung zwischen Gütern und Dienstleistungen ist die ungleiche Wirkung der fiskalpolitischen Konjunkturmaßnahmen. Während der Pandemie wurden massive fiskalpolitische Impulse gesetzt. Einige Wirtschaftsbereiche wie Dienstleistungen und umfangreiche Technologieinvestitionen (zum Beispiel durch die Chip-Gesetze in den USA und der EU) profitierten davon stärker als andere. Einige Bereiche der Wirtschaft blieben hingegen zurück.

Geldpolitik: Gut für Investoren, schlecht für Kreditnehmer

Genauso wie die Fiskalpolitik einigen zugutekommt und anderen nicht, sorgen auch höhere Zinssätze dafür, dass sich verschiedene Gewinner und Verlierer herausbilden. Große Unternehmen und wohlhabendere Verbraucher, also diejenigen, die in der Regel über Vermögenswerte verfügen, haben von den höheren Zinsen enorm profitiert – durch höhere Zinserträge und die Inflation der Vermögenspreise. Kleine Unternehmen, staatliche Stellen und ärmere Verbraucher, also diejenigen, die tendenziell Schulden haben, wurden dagegen hart getroffen.

Die Regulierung hat keine einheitlichen Rahmenbedingungen geschaffen

Nach der Pandemie kam es in vielen Ländern weltweit zu einer Zunahme der Regulierungsmaßnahmen, insbesondere in den Bereichen Gesundheit und Sicherheit, Kreditwesen, Energie und Arbeit. Die gut gemeinte verstärkte Regulierung hatte etwas weniger Auswirkungen auf die Reichen und Mächtigen, dafür aber stärkere Auswirkungen auf diejenigen, die weniger reich und mächtig sind. Dies hat wiederum zu einer Dynamik beigetragen, in der die Reichen reicher und die Armen ärmer werden.

KI: Zählen etablierte Unternehmen zu den Gewinnern?

Auch wenn das endgültige Ergebnis noch unbekannt ist, steht außer Frage, dass die Gewinner der letzten technologischen Revolution (Internet und Mobilfunk) derzeit auch als die Gewinner der nächsten technologischen Revolution – KI – angesehen werden.

Was bedeutet dies für Aktien?

Für die Aktienmärkte bedeutet diese Dynamik, dass es auch bei einer weiterhin ungewissen breiten Wirtschaftsentwicklung eine unveränderte Gruppe von Gewinnern und Verlierern gibt. 

In diesem Umfeld machen sich Anleger Sorgen über die Fähigkeit aktiver Aktienmanager, Zusatzerträge (Alpha) zu generieren. Allgemein ausgedrückt hängen die Möglichkeiten zur Erwirtschaftung von Zusatzerträgen von drei Schlüsselfaktoren ab: Marktbreite, Streuung und Korrelation. Da sich die ohnehin engen Märkte in den letzten Jahren noch weiter verengt haben, stellte die mangelnde Marktbreite einen enormen Belastungsfaktor dar. Interessanterweise sehe ich jedoch Anzeichen dafür, dass eine erhöhte Streuung und sinkende Korrelation begonnen haben, die Alpha-Chancen zu verbessern. Gleichzeitig gibt es auch Hinweise darauf, dass sich das Wirtschaftswachstum allmählich verbreitert, was zu einer gewissen Ausweitung des Wachstums beim Gewinn je Aktie führt. Zwei der drei Faktoren, die Alpha-Chancen begünstigen, entwickeln sich also in die richtige Richtung – und es gibt erste Anzeichen dafür, dass sich auch die Marktbreite allmählich verbessert.

Wo sollte man nun nach Chancen Ausschau halten?

Wenn das aktive Management wieder auflebt, könnte es von mehreren günstigen Faktoren profitieren. Solange die Marktkonzentration anhält, sollten Anleger ihr Anlageuniversum gegebenenfalls erweitern, indem sie Folgendes in Erwägung ziehen: Strategien, die dazu beitragen können, Alpha durch eine größere Streuung in konzentrierten Märkten zu generieren, die Ausweitung des berücksichtigten Anlageuniversums sowie die Ausrichtung auf weniger effiziente Märkte wie Europa, die Emerging Markets (EM) und Small Caps.

Europa

Europa befindet sich mitten in einem strukturellen Umfeldwechsel, die Portfoliopositionierung ist hier jedoch entscheidend. Zu den wahrscheinlichsten Gewinnern des Wandels in Europa scheinen Sektoren zu gehören, die auf die Binnennachfrage ausgerichtet sind, wie Telekommunikation, Banken und Bauwesen sowie Rüstungswerte und Versorger, bei denen es sich tendenziell eher um Substanzwerte und Small Caps handelt.

Emerging Markets 

EM-Aktien weisen derzeit sowohl in Bezug auf ihre Performance als auch auf ihre Bewertungen eine Rekordstreuung zwischen den einzelnen Ländern auf. Die anhaltende Schwäche des US-Dollar ist ebenfalls besonders vorteilhaft für EM-Aktien. Und schließlich ist zu bedenken, dass viele dieser aufstrebenden Volkswirtschaften nach wie vor sehr hohe Realzinsen aufweisen. Weitere Zinssenkungen in den USA dürften daher mehr Spielraum für niedrigere Zinsen und eine Lockerung der Geldpolitik in den EM-Ländern bieten, was das Potenzial für eine bessere Aktienperformance erhöhen könnte.

Small Caps

Kein Marktsegment profitiert mehr von niedrigeren Zinsen als Small Caps. Wir haben die ersten positiven Korrekturen bei Small Caps seit drei Jahren verzeichnet und zudem eine deutliche Rally bei Small Caps mit geringerer Qualität beobachtet. Außerdem dürften US-Small-Caps von den Steuervorteilen des „Big Beautiful Bill“ der Trump-Regierung profitieren, die Ende 2025 und bis ins Jahr 2026 hinein zum Tragen kommen werden.

Die Marktkonzentration birgt zwar heute Risiken für aktive Anleger, könnte aber auch die Grundlage für interessante Chancen in der Zukunft schaffen. In der Vergangenheit war die Lebensdauer von Konzentrationsphasen in der Regel begrenzt. Wenn sie enden, verzeichnen „konzentrierte“ Allokationen häufig eine deutliche Underperformance, sowohl relativ als auch absolut betrachtet. Durch die Erweiterung ihres Anlageuniversums können sich Anleger so positionieren, dass sie von Alpha-Chancen profitieren, sobald sich diese wieder eröffnen.

Experte

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Andrew Heiskell

Equity Strategist

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