Die Herabstufung durch Moody's unter der Lupe
Das Downgrade von Moody's ist vor dem Hintergrund einer komplexen Gemengelage von Faktoren zu sehen:
- Status des US-Dollar als internationale Reservewährung
- Tragfähigkeit der Staatsverschuldung
- Politischer Kurs der US-Regierung
- Potenzielle Alternativen zum US-Dollar (USD) als Leitwährung
Obgleich Moody's seine Entscheidung mit der hohen Staatsverschuldung und der steigenden Zinslast begründete, ist diese Herabstufung auch Spiegelbild zunehmend dysfunktionaler Mechanismen in der US-Politik und eines Prestigeverlusts an den globalen Märkten. Dies ist kein neues Phänomen. Schon vor dem Regierungswechsel gab es mehrere Haushaltskrisen, die so manches Mal auch in einen Government Shutdown mündeten. Mit ihrem politischen Kurs treibt die neue US-Regierung hier in letzter Zeit jedoch ein gefährliches Spiel.
Müssen sich Anleger auf weitere Rating-Herabstufungen einstellen? Auch wenn Moody's das neue Rating nach eigener Aussage für stabil hält, wies die Ratingagentur doch darauf hin, dass eine Verfassungskrise — eine nicht ganz unrealistische Folge von weiteren unkonventionellen Regierungsmaßnahmen — Anlass zu einer Neubewertung geben könnte.
Davon einmal abgesehen, sind die USA nach wie vor der größte Kapitalmarkt der Welt, und der Treasury-Markt stellt mit einem Volumen von knapp 25 Bio. US-Dollar andere Märkte für Staatsanleihen weltweit an Größe, Tiefe und Liquidität in den Schatten. Die relative Größe des handelbaren Marktes für US-Staatsanleihen ist ein nicht zu unterschätzender Einflussfaktor im Beziehungsgeflecht an den globalen Finanzmärkten.
Wie unabhängig ist die Fed wirklich?
Die Rating-Herabstufung und der damit in Zusammenhang stehende Reputationsverlust fallen zeitlich mit kritischen Fragen zur Unabhängigkeit der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) zusammen. Das Drängen auf kurzfristige Zinssenkungen der aktuellen Regierung könnte seinen Preis haben, wenn die Fed zu weit von dem Kurs abweicht, den ihr doppeltes Mandat ihr mit Wachstumsförderung und der Sicherung von Preisstabilität vorgibt.
Zudem wird Notenbankchef Powell (der in Fragen der Zinspolitik oft eine andere Auffassung vertritt als der Präsident) im Mai 2026 wahrscheinlich abgelöst. Das Mandat anderer Direktoriumsmitglieder läuft nächstes Jahr ebenfalls aus, sodass die Möglichkeit einer regierungskonformeren Besetzung dieses Gremiums im Raum steht, was die Unabhängigkeit der Notenbank gefährden könnte.
Doch was bedeutet dies für Anleger? Wenn der US-Präsident weiterhin auf Zinssenkungen drängt und die Unabhängigkeit der Zentralbank infrage steht, wird sich dies in der Entwicklung am Rentenmarkt niederschlagen. Wahrscheinlich steigen dann die Laufzeitprämien, also das Zusatzentgelt, das Anleger dafür verlangen, Papiere mit langer Duration zu halten. Auch die längerfristige Entwicklung rund um die Themen Regulierung, Aufsicht und Architektur der Zentralbank gilt es hier im Auge zu behalten.
Die Zukunft des USD als Reservewährung
Zusätzlich belastet wird die Kreditwürdigkeit der USA durch den US-Dollar, der im bisherigen Jahresverlauf eine relativ schwache Entwicklung gezeigt hat, die zum Teil das Ergebnis selbst verschuldeter Kapitalabflüsse infolge politischer Unsicherheit war. Anhaltend schwache Dollarerträge könnten erste Anzeichen dafür sein, dass die Ära der US-Sonderstellung zu Ende geht. Damit stünde der historische Status des Dollar als sicherer Hafen zur Disposition. Der Greenback war lange Jahre Leitwährung der Welt, d.h. Geschäfte an den internationalen Rohstoffmärkten wurden bevorzugt in US-Dollar geschlossen und abgewickelt. Gleiches gilt für viele Waren. Sollte der Dollar diesen Status verlieren, wäre dies Ausdruck eines strukturellen Niedergangs. Daraus ergäben sich neue Anforderungen für die Währungssicherung in Portfolios, und der Kapitalabfluss aus risikoreichen US-Anlagen wie Aktien würde sich beschleunigen. Auch grundlegende Veränderungen im Lebensstandard in den USA wären mit Blick auf die Realwirtschaft zu erwarten.
Wenngleich man sich dieses Risiko bewusst machen und im Auge zu behalten sollte, tun Anleger trotzdem gut daran, es nicht überzubewerten. Auch wenn der USD in letzter Zeit etwas Schwäche zeigte, ist er nach wie vor die bevorzugte Abrechnungswährung für immerhin 40% des Welthandels (auch dann, wenn die entsprechenden Geschäfte keinen US-Bezug haben).1
Anlageimplikationen
Fragen zur Kreditwürdigkeit der USA, der Unabhängigkeit der Fed und des Status des USD als Reservewährung sind von hoher Relevanz und könnten angesichts der zentralen Rolle, die der Dollar im Ökosystem der globalen Finanzmärkte spielt, für Nervosität sorgen. Man sollte diese Aspekte unbedingt im Blick behalten, aber Kurzschlussreaktionen in der Allokation vermeiden und statt dessen mit kühlem Kopf entsprechende Szenarien durchspielen und auf Diversifizierung setzen. Anleger an den Anleihemärkten könnten gut damit fahren, die folgenden Empfehlungen zu beherzigen, um die Negativeffekte einer Verschlechterung der Kreditwürdigkeit der USA abzufedern:
- Diversifizierung durch stärkere Verlagerung auf Anlagen außerhalb der USA – Globale Staatsanleihen- und Währungsstrategien mit weniger eng geschnürtem Benchmark-Korsett können dabei helfen, trotz spätzyklischer und zollbedingter Volatilität auf Kurs zu bleiben. Viele dieser Märkte lieferten einige Jahre lang Erträge an der Null-Linie, liegen aber aufgrund veränderter wirtschaftlicher und politischer Rahmenbedingungen mittlerweile im Plus. Dazu können Anleger entweder den klassischen Weg mit Anlagen an den globalen Rentenmärkten gehen, oder die dynamischere Option eines Hedgefonds-Investments wählen.
- Lokalwährungsanleihen aus Schwellenländern – Diese Anlageklasse bietet im Vergleich zu Papieren aus Industrieländern attraktive Renditen. Dank einer stabilen Inflationsentwicklung haben die Zentralbanken vieler Schwellenländer Spielraum für Zinssenkungen mit positivem konjunkturellen Effekt. Vor diesem Hintergrund könnten solche Lokalwährungsanleihen eine gute Ergänzung für eine stärker global ausgerichtete Rentenstrategie sein. Dabei ist zu beachten, dass es sich sich um eine ertragsorientierte Strategie handelt, die daher kein Ersatz für Allokationen in Staatsanleihen von Industrieländern oder US-Treasuries ist. Es könnte sinnvoll sein, einen aktiven Manager hier Vor- und Nachteile abwägen zu lassen, was uns zum nächsten Punkt bringt.
- Auf einen aktiven Ansatz setzen – In von Angst und Unsicherheit geprägten Zeiten spricht aus unserer Sicht vieles für einen – tendenziell flexibleren und anpassungsfähigeren – aktiven Ansatz.