Deutschland (Germany), Professionelle Anleger

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Was sind die Aussichten für Infrastrukturwerte? 

Tom Levering, Fondsmanger
Tim Casaletto, Global Industry Analyst
2023-12-31
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Ein Rückblick auf das Jahr 2022 zeigt, dass die globalen Aktienmärkte ein hohes Maß an Volatilität verzeichneten, was auf mehrere Faktoren zurückzuführen war. Diese reichen vom Krieg in der Ukraine und der anschließenden Erdgas- und Stromkrise über steigende Zinssätze und eine zunehmende Inflation bis hin zu anhaltenden COVID-bedingten Lieferkettenproblemen. Trotz dieser Belastungen haben globale Infrastrukturaktien im Vergleich mit breiteren globalen Aktienindizes (z.B. dem MSCI ACWI) relativ guten Schutz geboten. Zu Beginn des Jahres 2023 gibt es Anzeichen dafür, dass die Inflation ihren Höhepunkt erreicht haben könnte. Da die Zentralbanken jedoch nach wie vor bemüht sind, die Nachfrage zu drosseln, steigt unseres Erachtens die Wahrscheinlichkeit einer globalen Rezession. Teilweise ausgeglichen wird dieser Druck durch die allmähliche Wiedereröffnung der chinesischen Wirtschaft sowie die besser werdende Lieferkettendynamik. Angesichts dieses unsicheren Umfelds sind wir der Meinung, dass infrastrukturorientierte Geschäftsmodelle weiterhin relative Stärke an den Tag legen könnten. Aus unserer Sicht werden jedoch Diversifizierung und ein Fokus auf Anlagen, die beständige Qualitäten (Abbildung 1) aufweisen, von zentraler Bedeutung sein. In der Regel handelt es sich dabei um Unternehmen, die physische Anlagen besitzen, die nur in geringem Maße von der konjunkturellen Entwicklung beeinflusst werden, eine sehr lange Lebensdauer haben und unverzichtbare Dienste für die Wirtschaft erbringen. Nachstehend erörtern wir unseren allgemeinen Ausblick für die einzelnen Kernbereiche. 

Abbildung 1
Enduring Assets ein attraktives Anlageuniversum

Versorger und erneuerbare Energien

  • USA: Die Wachstumsziele für den US-Versorgungssektor sind heute so hoch wie noch nie: Im Durchschnitt rechnen US-Versorger mit Wachstumsraten zwischen 6% und 8%. Dieses Wachstum wird durch die zunehmende Verdrängung der fossilen Energieerzeugung durch intermittierende (d.h. nicht konstant verfügbare) erneuerbare Energiequellen angetrieben und durch die damit verbundenen notwendigen Investitionen in die Stromnetze verstärkt. Der in diesem Jahr in den USA verabschiedete Inflation Reduction Act bietet steuerliche Anreize für saubere Energieinfrastrukturen, die unserer Meinung nach dazu beitragen sollten, dass diese attraktiven Wachstumsraten auch in den kommenden Jahrzehnten bestehen bleiben. Außerdem beobachten wir ein starkes Wachstum bei Gasversorgungsunternehmen, die alte Gasverteilungsrohre ersetzen, um die Sicherheit zu erhöhen und ihre Methanemissionen zu verringern. Und schließlich sei darauf hingewiesen, dass Versorgungsunternehmen regulierte Erträge erzielen, die in der Vergangenheit mit US-Staatsanleihen korreliert waren. Ein Umfeld, in dem die US-Zinsen über einen längeren Zeitraum erhöht bleiben, sollte im Laufe der Zeit höhere zulässige Renditen mit sich bringen. Ganz ähnlich ist es Entwicklungsfirmen im Bereich der erneuerbaren Energien bereits gelungen, sowohl höhere Rohstoffkosten als auch höhere Kapitalkosten über ihre Preisgestaltung weiterzugeben und so ihr derzeitiges Wertschöpfungsniveau zu halten. 
  • Europa: Wir schätzen die Aussichten für den europäischen Versorgungssektor weiterhin positiv ein. Als Reaktion auf den Ukraine-Krieg dürften erhebliche Investitionen in die innereuropäische Energieinfrastruktur getätigt werden, da sich Europa nun stark auf seine Versorgungssicherheit konzentriert (z.B. Ausbau der Stromnetze und der Gasinfrastruktur und verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien). Unserer Meinung nach werden diese Investitionen in Verbindung mit einem starken Engagement für die Dekarbonisierung und politischen Maßnahmen wie dem REPowerEU-Plan der Europäischen Kommission einen attraktiven strukturellen Wachstumsimpuls für den europäischen Versorgungssektor darstellen. Und schließlich sind in mehreren europäischen Ländern die Tarife der Versorgungsunternehmen direkt an die Inflation gekoppelt, was wir im derzeitigen makroökonomischen Umfeld für besonders positiv halten, selbst wenn möglicherweise Sondersteuern erhoben werden.  
  • Asien/Emerging Markets: Wir halten die Aussichten für Asien und die Emerging Markets generell für uneinheitlich. Jedes Land ist zwar anders, wir stellen jedoch fest, dass in Asien und den Emerging Markets ansässige Versorgungsunternehmen und Entwickler erneuerbarer Energien im Vergleich zu den USA und Europa in der Regel sowohl ungünstigere Regulierungsvorschriften als auch schlechtere Bewertungen aufweisen, wobei China die Ausnahme bildet. Unserer Meinung nach passt das Ziel der chinesischen Regierung, bis 2060 Klimaneutralität zu erreichen, gut zu den Wachstumsambitionen der chinesischen Entwickler erneuerbarer Energien und der Erdgasversorger, die Teil dieser Bemühungen um Klimaneutralität sind. Wir sind uns der Tatsache bewusst, dass diese Sichtweise heute konträr erscheinen mag, sind aber der Ansicht, dass bestimmte chinesische Entwickler erneuerbarer Energien und Gasversorger sehr attraktiv bewertet sind und Potenzial für eine längerfristige Outperformance bieten.  

Dateninfrastruktur

Da die Welt immer stärker auf Konnektivität angewiesen ist, sehen wir Trends, die bestimmte Betreiber von Mobilfunkmasten sowie Telekommunikationsanbieter begünstigen. Ihre Geschäftsmodelle erweisen sich in einem inflationären Umfeld in der Regel als widerstandsfähig, da die Verträge der Betreiber von Mobilfunkmasten üblicherweise eine Inflationsindexierung oder Preiseskalatoren enthalten. Telekommunikationsunternehmen, die in einem gesunden Wettbewerbsumfeld tätig sind, genießen in Zeiten hoher Inflation tendenziell eine stärkere Preissetzungsmacht. Darüber hinaus sind wir der Meinung, dass sich bei vielen dieser Unternehmen Stabilität und solide Wachstumsaussichten mit attraktiven Bewertungen verbinden.  

Midstream-Energiegeschäft

Grundsätzlich versuchen wir, Unternehmen zu meiden, die stark von der Entwicklung der Rohstoffpreise abhängig sind. Allerdings finden wir Wertschöpfungspotenzial in Segmenten des Midstream-Sektors, die einen höheren prozentualen Anteil ihres Gewinns aus stabilen, vertraglich gebundenen Segmenten (z.B. Überlandleitungen) erwirtschaften. Außerdem glauben wir, dass sich die Wachstumschancen für Midstream-Energieunternehmen verbessert haben, da in Nordamerika mehr Terminals für Flüssigerdgas (LNG) gebaut werden, die neue Gaspipeline-Infrastrukturen erfordern werden.  

Transport

Was die Transportinfrastruktur anbelangt, sind wir in diesem Umfeld generell vorsichtig. Mautstraßen sind attraktiver, da es vielen Betreibern vertraglich gestattet ist, ihre Tarife zumindest teilweise an die Inflation anzupassen. Im Hinblick auf Unternehmen mit einer hohen Verschuldung, die wir in Zeiten hoher Zinsen für problematisch halten, sind wir jedoch skeptisch. Des Weiteren befürchten wir, dass die Bewertungen von Flughäfen die negativen Auswirkungen einer möglichen Rezession auf das Passagieraufkommen und die Einzelhandelsausgaben an Flughäfen nicht angemessen widerspiegeln. Die Konjunkturabhängigkeit des Bahnsektors birgt zwar gewisse kurzfristige Risiken, wir sind jedoch der Meinung, dass die Bahn als emissionsärmstes Verkehrsmittel ihre Preisgestaltungsmacht und ihr Wachstum langfristig beibehalten dürfte.

Fazit

Auch wenn die Aktienmärkte im Jahr 2023 volatil bleiben dürften, sind wir der Ansicht, dass die langfristigen Aussichten für globale Infrastrukturanlagen weiterhin attraktiv sind. Da sich die Bewertungen deutlich innerhalb ihrer historischen Spannen bewegen und in den von uns bevorzugten Sektoren positive Wachstumsmöglichkeiten bestehen, sehen wir Chancen auf relative Stabilität und längerfristig attraktive zukünftige Erträge.

Experten

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Tom Levering

Fondsmanger
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Tim Casaletto

Global Industry Analyst