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Impact-Messung und -Management: Umgang mit zentralen Herausforderungen

Oyin Oduya, CFA, Impact Measurement and Management Practice Leader
2023-10-31
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Die zum Ausdruck gebrachten Ansichten sind diejenigen des Autors bzw. der Autorin zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Dokuments. Andere Teams können andere Ansichten vertreten und andere Anlageentscheidungen treffen. Der Wert eines Investments kann gegenüber dem Zeitpunkt des ursprünglichen Investments steigen oder sinken. Von externen Anbietern stammende Daten werden zwar als verlässlich erachtet, doch gibt es keine Garantie für ihre Richtigkeit. Nur für professionelle, institutionelle oder zugelassene Anleger.

Impact Investing gewinnt immer mehr an Bedeutung. Daher achten Anleger, Aufsichtsbehörden und Endkunden inzwischen sehr viel genauer auf die Messung und das Management der erzielten Auswirkungen (Impact Measurement and Management, kurz IMM). Die gesamte Impact-Gemeinschaft ist zwar bestrebt, robuste IMM-Praktiken und -Standards zu entwickeln, der Weg dorthin ist jedoch alles andere als einfach. Impact-Anleger müssen unzählige Nuancen mit einem objektiven, transparenten und evidenzbasierten Ansatz zur Bewertung und Messung der erzielten Wirkung in Einklang bringen. 

Die Impact-Plattform von Wellington bietet einen robusten Rahmen für die Beurteilung der erzielten Wirkung im Hinblick auf Wesentlichkeit, Additionalität und Messbarkeit. Diese Anforderungen liefern zwar einen guten Ausgangspunkt für das Identifizieren von Unternehmen und Emittenten, die für Impact-Anlagen infrage kommen. Bei bestimmten Anlagen kann sich eine klare Formulierung der Impact-These jedoch schwieriger gestalten und eine ausführlichere Analyse erfordern. Die Messung der erzielten Wirkung (Impact) ist sogar noch schwieriger. Die Entwicklung standardmäßiger Impact-Leistungskennzahlen (KPIs) oder die Nutzung von IMM-Rahmenkonzepten könnte die Glaubwürdigkeit und Transparenz in Sachen Impact erhöhen. Aber jedes Unternehmen, jeder Emittent und jede Emission ist anders. Ein pauschaler Ansatz könnte zur Folge haben, dass eigentlich geeignete Kandidaten aus dem Impact-Anlageuniversum ausgeschlossen werden. Nachfolgend stellen wir einige Beispiele für häufige Probleme vor, bei denen ein auf Fundamentalanalysen basierter, emittentenspezifischer Ansatz hilfreich sein kann.

Herausforderung: indirekte Wirkung

Viele Unternehmen bieten Produkte an, die ihre Kunden in die Lage versetzen, positive Auswirkungen zu erzielen – auch wenn sie selbst keinen direkten positiven Impact vorweisen können. Ein Beispiel hierfür wäre etwa ein Zugleasingunternehmen, das selbst keine Züge besitzt oder herstellt, dessen Flotte jedoch im Vergleich zur Konkurrenz einen hohen Elektrifizierungsgrad aufweist. Damit ermöglicht es eine Stärkung des öffentlichen Verkehrswesens bei einer gleichzeitigen Senkung des CO2-Fußabdrucks. Sollte dieses Unternehmen als Impact-Anlage eingestuft werden? 

Möglicher Ansatz: Festlegen eindeutiger Belege für Additionalität und kontinuierliche Überprüfung und Bewertung der erzielten Wirkung im Zeitablauf. Es ließe sich durchaus argumentieren, dass ohne die Leasingverträge dieses Unternehmens pro Jahr weniger elektrisch betriebene Züge auf der Schiene wären. Wie viel besser ist dieses Unternehmen im Vergleich zur nächstbesten Alternative? Da sich die Antwort auf diese Frage ändern kann, sollten sich Anleger vergewissern, dass die Elektrifizierungsraten dieses Unternehmens Jahr für Jahr höher sind als die seiner Konkurrenten. Bei der Attribution ist Transparenz gefragt, da dieses Unternehmen Teil einer breiteren Wertschöpfungskette für umweltfreundlichere Verkehrssysteme ist. Die Theorie einer positiven Veränderung (die jeweilige Impact-Anlagethese) und die jeweiligen Leistungskennzahlen sollten sich darauf konzentrieren, inwieweit das Unternehmen den nachfolgenden Umweltnutzen durch geringere Emissionen ermöglicht (und nicht direkt selbst herbeiführt).

Herausforderung: negative Wirkung

Unternehmen und Emittenten können theoretisch auch immer eine negative Wirkung haben, d.h. externe Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeiten mit nachteiligen Folgen für Gesellschaft und Umwelt. Beispielsweise stören oder beeinträchtigen Unternehmen, die erschwinglichen Wohnraum schaffen, während der Bauphase möglicherweise die örtliche Umwelt. Telekommunikationsunternehmen, die dazu beitragen, die digitale Kluft in den Emerging Markets zu überbrücken, können ein Risiko für den Datenschutz oder die Sicherheit ihrer Endnutzer darstellen. Die Solarbranche trägt zur Dekarbonisierung unserer Energieversorgung bei, aber bei einigen Materiallieferanten besteht nach wie vor die Gefahr moderner Sklaverei innerhalb der Lieferkette. 

Möglicher Ansatz: Ein aktiver Dialog mit der Geschäftsführung oder den Lenkungs- und Kontrollausschüssen, damit bei Gesprächen über den Impact die negativen externen Auswirkungen in den Vordergrund gerückt werden. Aufstellung eines Aktionsplans zur Milderung der negativen Auswirkungen. Umfassende Analyse der Risiken anhand eines Rahmenkonzepts wie die fünf Dimensionen des Impact Management Project, Vermeidung von Impact-Anlagen, bei denen die negativen Risiken die positiven Ergebnisse überwiegen könnten, und Berücksichtigung von Erkenntnissen regionaler oder branchenspezifischer Experten.

Herausforderung: unzureichende Impact-Daten 

Einige Unternehmen verfügen vielleicht noch nicht über Daten, die ihre weiterreichenden gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Auswirkungen belegen, oder sind möglicherweise noch nicht in der Lage, diese Daten zu erheben. Was den ersten Fall anbelangt, so sind viele Unternehmen daran gewöhnt, ESG-Kennzahlen zu veröffentlichen, die die Folgen ihrer Geschäftstätigkeit (d. h. ihrer operativen Funktionsweise), nicht aber die Auswirkungen ihrer Produkte und Dienstleistungen (d. h. ihrer Erzeugnisse) aufzeigen. Im zweiten Fall sind die letztendlichen Auswirkungen bestimmter Unternehmen schwer zu messen, beispielsweise wenn es um positive Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung oder die Verringerung gesellschaftlicher Ungleichheit geht.

Möglicher Ansatz: Nutzung von Informationen, die ein Unternehmen bereits erfasst, um eine zuverlässige, reproduzierbare Datenreihe zu gewährleisten, und direkte Einflussnahme zur Verbesserung der Erfassung und Verfügbarkeit von Impact-Daten. Im Rahmen unserer Interaktion mit Unternehmen führen wir in der Regel einen offenen Dialog über Best-Practice-Standards im Impact-Reporting. Fokussierung auf eine Impact-Logikkette, die eine konkrete Verbindung zwischen den Aktivitäten und Ergebnissen eines Unternehmens und der tatsächlich erzielten Wirkung herstellt. Bestimmen einer glaubwürdigen Evidenzbasis, die eine verfügbare Leistungskennzahl mit den letztendlichen gesellschaftlichen oder ökologischen Auswirkungen verknüpft. Ein Hersteller von Generika ermöglicht beispielsweise den Zugang zu kostengünstigeren Arzneimitteln, was letztlich dazu führt, dass mehr Menschen eine Gesundheitsversorgung erhalten. Dies lässt sich nur sehr schwer messen, vor allem für das gesamte Produktportfolio eines Unternehmens. Praktischer ist es, sich auf die Produktion des Unternehmens zu konzentrieren, d. h. auf die Menge der Generika und ihre Preise im Vergleich zu Markenmedikamenten. Davon kann ein Anleger eine Kennzahl ableiten, die die voraussichtlichen Kosteneinsparungen für Kunden verfolgt, und dies als Messgröße für einen verbesserten Zugang zu Gesundheitsversorgung nutzen.  

Fazit: Letztendlich wird die Impact-Gemeinschaft einen Weg finden müssen, um Subjektivität und unterschiedliche Nuancen mit Objektivität bei der Bewertung und Messung der erzielten Wirkung in Einklang zu bringen. Wenn wir Unternehmen oder Emittenten in ein Anlageuniversum aufnehmen, sollten wir eine belastbare Evidenzbasis schaffen. Wir müssen indirekte Auswirkungen berücksichtigen und daran arbeiten, die negativen Auswirkungen zu minimieren und diesbezügliche Fortschritte zu überwachen. Darüber hinaus sollten bewusste und produktive Vorgehensweisen festgelegt werden, wenn die verfügbaren Daten nicht ausreichen, um die konkrete Wirkung nachzuweisen. Dabei ist zu bedenken, dass es bei IMM nicht nur darum geht, die Messung zu verbessern, sondern auch darum, die tatsächlichen positiven sozialen und ökologischen Ergebnisse zu maximieren. 

Experten

oyin oduya

Oyin Oduya

, CFA

Impact Measurement and Management Practice Leader