Das Umfeld hat sich seit unserem Ausblick für 2025 erheblich verändert, als wir noch von einer unmittelbar bevorstehenden Belebung des IPO-Markts ausgegangen waren. Trotz der anhaltenden Volatilität ist der Venture-Capital-Bereich aber glücklicherweise sowohl ein langfristiges als auch ein kreatives Geschäft mit wachsenden Liquiditätsquellen.
In diesem Ausblick zur Jahresmitte analysieren wir die Implikationen der Verzögerung bei der Belebung des IPO-Marktes und vier weitere, damit in Verbindung stehende Venture-Capital-Trends.
1. Wann sehen wir eine Belebung des IPO-Markts?
Das Fenster, das sich im 1. Quartal 2025 öffnete, hat sich angesichts der Marktvolatilität schnell wieder geschlossen. Wir haben zwar erste Anzeichen für ein gewisses „Auftauen“ gesehen (einige Börsengänge im Mai zeigten zu Beginn eine positive Entwicklung), es ist aber noch zu früh, um sagen zu können, wie dick die Eisschicht sein könnte. Eine anhaltend starke Performance bei diesen Unternehmen könnte schon in der zweiten Jahreshälfte für robustere Emissionsaktivitäten sorgen, besonders in Kombination mit soliden Erträgen an den öffentlichen Märkten im Allgemeinen. Wir rechnen aber eher im späteren Jahresverlauf mit einer stärkeren Dynamik, womit das echte Zeitfenster eher 2026 sein dürfte. Eine anhaltende Verbesserung des IPO-Ausblicks ist zudem anfällig für wichtige makroökonomische Entwicklungen wie negative Neuigkeiten zu Zöllen oder – noch schlimmer – eine Rezession, wodurch sich Fortschritte schnell wieder umkehren können.
In der Zwischenzeit wächst der IPO-Rückstau weiter an, da immer mehr reife private Unternehmen bereit für den Börsengang sind, aber auf einen besseren Einstiegspunkt warten. Die Ungewissheit am Markt dürfte zwar unseres Erachtens die Entwicklung bei Unternehmen in der Früh- und Wachstumsphase verlangsamen, verzögerte IPOs könnten aber den Kapitaleinsatz im Late-Stage-Bereich erhöhen. Ein volatiles makroökonomisches Umfeld aufgrund der zollbedingten Unsicherheit dürfte zudem für längere Phasen zwischen Finanzierungsrunden, höhere Qualitätsansprüche und Bewertungsdruck am Venture-Capital-Markt (außerhalb des KI-Bereichs) sorgen.
2. Was ist los im M&A-Bereich?
Die Transaktionswerte bei globalen M&A-Aktivitäten in Relation zum BIP lagen Ende 2024 nahezu auf einem 30-Jahres-Tief.1 Aufgrund der Hoffnung auf Steuersenkungen und Deregulierung hatten viele für 2025 mit einer deutlichen Erholung der M&A-Aktivitäten gerechnet; dies hat sich bislang aber noch nicht wirklich bestätigt. Mitte des Jahres ist es immer noch unklar, ob diese möglichen Positivfaktoren weiterhin durch die Unsicherheit am Markt, Rezessionsängste und die über einen längeren Zeitraume erhöhten Zinsen überschattet werden.
Bislang zeigt sich bei den Daten ein gemischtes Bild, mit einem Anstieg um 25% gegenüber dem Vorjahr im März 2025, gefolgt von einem Rückgang von nahezu 20% gegenüber dem Vormonat im April.2 Angesichts dieses frühen Rückschritts zögern wir, langfristige Trends für das Jahr vorherzusagen, werden aber das weitere M&A-Volumen genau überwachen, um die vollen Auswirkungen der jüngsten Volatilität auf das Kaufinteresse besser zu verstehen. Ungewissheit kann zwar für potenzielle Käufer den Effekt eines Eimers mit kaltem Wasser haben, es ist aber auch nicht selten, dass einige Unternehmen mit verfügbarem Kapital schwierige Marktphasen für sich nutzen.
Das regulatorische Umfeld ist eine weitere große Unbekannte. Nach der Wiederwahl von Donald Trump sind die Aktienkurse von Unternehmen mit bevorstehenden Fusionen aufgrund der Erwartung einer geringeren regulatorischen Aufsicht in die Höhe geklettert. Dem steht allerdings die Rhetorik gegenüber, großen Unternehmen (insbesondere großen Technologiefirmen) keinen „Freifahrtschein“ ausstellen zu wollen. Auf Basis historischer Trends verlief das erste Quartal diesbezüglich recht normal mit dem Abschluss von drei Untersuchungen zu großen Fusionen.3
3. Gibt es immer noch Wachstumspotenzial bei Private-Equity-Sekundärmarkttransaktionen?
Sekundärmarkttransaktionen im Private Equity (PE)-Bereich lagen 2024 auf Rekordniveau, und das Marktvolumen stieg um 45% auf USD 162 Mrd.4 Darüber hinaus wird für die Zukunft mit einem noch höheren Kapitaleinsatz gerechnet, da das nicht abgerufene Kapital für PE-Sekundärmarkttransaktionen letztes Jahr mit USD 288 Mrd. ein Allzeithoch erreicht hat.5 Hintergrund ist ein robustes Fundraising-Umfeld.
Tatsächlich steht für das 1. Quartal 2025 eine Rekordsumme von USD 50,7 Mrd. an zugesagtem Kapital zu Buche, der beste Wert für das erste Quartal in der jüngeren Geschichte, der zudem fast den Gesamtwert für 2022 von USD 53 Mrd. erreicht hat.6 Diese Dynamik dürfte sich fortsetzen, mit mehr als 250 erwarteten Sekundärmarkttransaktionen, für die ein Volumen von USD 93,8 Mrd. angepeilt wird.7 Dies dürfte außerdem unter dem tatsächlich gesuchten Kapital liegen, da viele Manager ihre Ziele nicht offenlegen.
Ist dieser erwartete Kapitalzufluss ein Grund zur Sorge? Unseres Erachtens nicht zwangsläufig, da der Sekundärmarkt über weniger als das 2-fache an nicht abgerufenem Kapital in Relation zum Transaktionsvolumen verfügt, verglichen mit dem mehr als 3-fachen am Primärmarkt.8 Allein auf dieser Basis könnte man argumentieren, dass der Bereich deutlich unterkapitalisiert ist, unabhängig von dem exponentiellen Wachstum des Marktes bisher.
Wir halten es aber für entscheidend, die Abschläge bei Sekundärmarkttransaktionen als Prozentsatz des NAV zu überwachen. Viele Anleger nutzen einen Abschlag zum NAV zur Reduzierung des J-Kurveneffekts, da die Realisierung dieses Abschlags zum Kauf einen sofortigen Anstieg der Performance bedeutet. Buyout-Bewertungen liegen im Durchschnitt bei 94% des NAV, und der Zufluss von neuem Kapital könnte diesen Wert in die Höhe treiben (Abbildung 1). Anleger sollten darüber nachdenken, ab welchem Punkt die fundamentale Anlagethese für Sekundärmarkttransaktionen nicht mehr funktioniert, wenn das nicht abgerufene Kapital Manager dazu zwingt, über dem NAV liegende Bewertungen in Kauf zu nehmen. Im Gegensatz dazu könnten Growth/Venture-Anlagen relativ attraktiv sein, da die Bewertungen hier durchschnittlich bei nur 75% des NAV liegen.