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Erste Einschätzungen zu der historischen Verschärfung von US-Handelszöllen

Michael Medeiros, CFA, Macro Strategist
4 Min. Lesezeit
2026-05-31
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Die zum Ausdruck gebrachten Ansichten sind diejenigen des Autors bzw. der Autorin zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Dokuments. Andere Teams können andere Ansichten vertreten und andere Anlageentscheidungen treffen. Der Wert einer Anlage kann gegenüber dem Zeitpunkt der ursprünglichen Investition steigen oder sinken. Von externen Anbietern stammende Daten werden zwar als verlässlich erachtet, doch gibt es keine Garantie für ihre Richtigkeit. Nur für professionelle, institutionelle oder zugelassene Anleger. 

Kernaussagen:

  1. Die jüngsten protektionistischen Maßnahmen bzw. Handelszölle der US-Regierung, die am 2. April angekündigt wurden, lagen weit über den Markterwartungen.
  2. Ein effektiver Zollsatz von 54% für China kommt eigentlich schon einer wirtschaftlichen „Kriegshandlung“ gleich.
  3. Die Marktimplikationen sind düster – die Wechselbeziehung zwischen Wachstum und Inflation dürfte sich kurzfristig stark verschlechtern, und wir rechnen mit einer Rezession in den USA und einem starken Anstieg der US-Inflation auf kurze Sicht.

Bevor ich auf die wirtschaftlichen und marktspezifischen Implikationen der weitreichenden Handelszölle eingehe, die die Trump-Regierung am 2. April verkündet hat (durch die der effektive Zollsatz auf den höchsten Stand seit den 1930ern gestiegen ist), möchte ich darauf hinweisen, dass dies eine frühe Reaktion* auf eine sich neu entwickelnde Handelspolitik ist. Das Ganze dürfte in Bewegung bleiben, und meines Erachtens könnten sich die tatsächlichen Zollsätze von Tag zu Tag oder Woche zu Woche wieder ändern.

Die Zölle

Im Rahmen dieser neuen Politik tritt am 5. April ein allgemeiner Zoll von 10% für alle Länder in Kraft. Zusätzlich werden am 9. April „Strafzölle“ verhängt. Diese sind laut Trump eine Reaktion auf bestehende Zölle anderer Nationen für die USA. Die US-Regierung behauptet, dass die neuen Zölle nur halb so hoch wie die von diesen anderen Ländern für die USA verhängten Zölle und somit quasi ein Entgegenkommen seien.

Es gibt einige besonders interessante Aspekte der neuen Maßnahmen, auf die ich gerne näher eingehen möchte. Zum einen scheinen sich die Zollsätze für China zu kumulieren, da der neue Strafzoll zwar 34% beträgt, der effektive Satz sich aber angesichts der Tatsache, dass im früheren Jahresverlauf bereits ein Zoll von 20% verhängt wurde, auf 54% beläuft. Darüber hinaus wird die De-Minimis-Regelung für betroffene Güter, nach der Waren mit einem Importwert unter der Mindestgrenze zollfrei sind, abgeschafft. Als Nächstes wurden Ausnahmen für zukünftige „Section 232“-Zölle – für Gold, Autos und Energie/kritische Materialien – erwähnt. Es wird auch mit Untersuchungen in den Bereichen Pharma und Halbleiter gerechnet. Auf relativer Basis werden Kanada und Mexiko außerdem weiterhin keine Zölle auf unter das nordamerikanischeandelsabkommen USMCA fallende Güter bezahlen müssen. Für nicht USMCA-konforme Waren gelten nach wie vor Zölle in Höhe von 25%; eine Ausnahme bilden Energie und Kalisalz, für die ein Satz von 10% gilt.

Jetzt möchte ich aber noch einmal auf die zeitliche Abfolge eingehen. Theoretisch besteht aufgrund der Tatsache, dass die Strafzölle erst eine Woche nach der Ankündigung eingeführt werden sollen, etwas Spielraum für Verhandlungen. Meines Erachtens geht die US-Regierung davon aus, dass eine aggressive Ausgangsposition die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass andere Länder Zugeständnisse machen, die die USA vor oder direkt nach der Einführung akzeptieren könnten. Ich vermute, dass die Trump-Regierung solche Zugeständnisse sowohl als Zeichen der eigenen Stärke als auch als Möglichkeit sieht, aus fiskalpolitischer Sicht gewisse Einnahmen zu sichern. Der letzte Punkt ist wichtig – ein Reconciliation-Verfahren zur Haushaltskonsolidierung könnte mittelfristig eine höhere Staatsverschuldung bedeuten.

In diesem Zusammenhang lohnt es sich darauf hinzuweisen, dass das Ergebnis einer Richterwahl am 2. April zeigt, dass die Unzufriedenheit der Wähler im Hinblick auf die Trump-Regierung zunimmt. Diese Art von Reaktion kann zwar disziplinarisch wirken, allerdings ist Präsident Trump von der Wirksamkeit von Handelszöllen fest überzeugt. Er scheint sie als Lösung für strukturelle Probleme rund um die Lohnquote und Einkommensungleichheiten zu sehen. Es bleibt abzuwarten, ob sie im Zeitverlauf das gewünschte Ergebnis liefern.

Die wirtschaftlichen Implikationen

Das Ausmaß der Zölle wird das Vertrauen der bisherigen US-Verbündeten erschüttern, wenn nicht sogar zerstören. Ein solcher Vertrauensverlust könnte bedeuten, dass die Verhandlungsbereitschaft dieser Länder geringer ist als von der Regierung angenommen. Dies dürfte in den kommenden Tagen klarer werden. Darüber hinaus untergräbt ein Rückgang der institutionellen Integrität den Status des US-Dollar als Reservewährung. Dieses Risiko hat sich nun verschärft, und selbst wenn die Regierung die Zölle noch vor der Einführung zurücknimmt, dürfte es nicht einfach wieder verschwinden. Kurz- und mittelfristig dürften diese Maßnahmen folgend Auswirkungen haben:

  • Höhere Wahrscheinlichkeit eines längerfristigen Anstiegs der Inflationsvolatilität
  • Verschlechterung der kurz- und mittelfristigen Wachstumsaussichten
  • Stärkere Auswirkungen negativer Signale durch politische Ungewissheit auf den Geschäfts-/Konjunkturzyklus
  • Stärkerer Trend zu wirtschaftlichem Nationalismus und Rückführungen

Insgesamt wäre ich aber überrascht, wenn all diese Zölle wie angekündigt in Kraft treten, was eine Analyse der Lage schwierig macht. Der Multiplikatoreffekt von Ungewissheit kann enorm sein – besonders angesichts möglicher bilateraler Verhandlungen mit 60 Ländern und potenzieller Veränderungen bei den Zollsätzen auf täglicher/wöchentlicher Basis.

*Dieser Artikel wurde am 3. April 2025 geschrieben.

Experte

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Michael Medeiros

, CFA

Macro Strategist

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