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Wachstum oder Stabilität: Müssen sich Infrastrukturanleger wirklich für entweder das eine oder das andere entscheiden?

Tom Levering, Fondsmanger
Joy Perry, Investment Director
6 Min. Lesezeit
2026-10-31
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Die zum Ausdruck gebrachten Ansichten sind diejenigen der Autoren zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Dokuments. Andere Teams können andere Ansichten vertreten und andere Anlageentscheidungen treffen. Der Wert einer Anlage kann gegenüber dem Zeitpunkt der ursprünglichen Investition steigen oder sinken. Von externen Anbietern stammende Daten werden zwar als verlässlich erachtet, doch gibt es keine Garantie für ihre Richtigkeit. Nur für professionelle, institutionelle oder zugelassene Anleger. 

Das Thema Infrastruktur ist derzeit in aller Munde. Gründe dafür sind unter anderem neue staatliche Ausgaben, der wachsende Bedarf an KI-fähigen Systemen, erhöhte Bedenken hinsichtlich der Energiesicherheit oder schlicht die Erkenntnis, welche Rolle börsennotierte Infrastrukturwerte in unsicheren Zeiten in Portfolios spielen können. Wie können Anleger dieses strukturelle Potenzial am besten nutzen?

Wie lässt sich strukturelles Potenzial bestmöglich ausschöpfen? 

Investoren werden genau beobachten, wie sich strukturelle Faktoren in reale Anlagechancen umsetzen lassen. Investitionszusagen wie das 500 Milliarden Euro schwere Infrastrukturprogramm der Bundesregierung werden neue Projekte anstoßen. Die steigende Nachfrage nach KI wird zu Veränderungen in der realen Infrastruktur führen. Und Bedenken hinsichtlich der Energiesicherheit veranlassen Regierungen dazu, in Energieerzeugung, -speicherung und -netze zu investieren. Anleger könnten daher zu dem Schluss kommen, dass eine Investition in eher zyklische und volatile Infrastrukturwerte der beste Weg ist, um von dieser Entwicklung zu profitieren und Wachstum zu erzielen. Dieser Ansatz hat jedoch einen Haken. Er untergräbt viele der potenziellen Vorteile, die die Infrastruktur im neuen Wirtschaftsumfeld zu einem so wertvollen Bestandteil von Portfolios machen: Schutz vor Kursverlusten und Inflation sowie Stabilität der regelmäßigen Einkünfte. 

Einige Anleger könnten eine erhöhte Volatilität als angemessenen Ausgleich für das gebotene Wachstumspotenzial betrachten. Dies ist sinnvoll, wenn Sie tatsächlich vor der Wahl zwischen defensiven, wachstumsschwachen Versorgungsunternehmen und wachstumsorientierten, volatilen Infrastrukturwerten stehen. Doch was, wenn diese Wahl gar nicht getroffen werden muss?

Es ist keine Investition in zyklische Unternehmen erforderlich, um von der positiven Entwicklung im Infrastruktursektor zu profitieren

Das Universum der börsennotierten Infrastrukturanlagen ist erstaunlich heterogen. Ein Teil des Infrastrukturuniversums besteht aus eher zyklischen Anlagen, zum Beispiel Transportunternehmen oder rohstoffabhängige Anlagen. Den anderen, defensiveren Teil bilden stetig wachsende Unternehmen mit regelmäßigen, stabilen Dividenden, wie beispielsweise regulierte Versorgungsunternehmen. Interessanterweise wird gerade die zweite Gruppe angesichts der Wachstumstreiber erheblich von den erhöhten Infrastrukturausgaben profitieren. 

Im Vergleich zu zyklischen Unternehmen reagieren regulierte Versorgungsunternehmen nicht nur weniger empfindlich auf Konjunkturzyklen, sondern sie profitieren sogar in besonderem Maße von diesen strukturellen Trends, da die Nachfrage nach Energie, insbesondere nach Strom, stetig wächst. Ein wichtiger Faktor: Die Regulierungsbehörden erkennen, wie wichtig dieses Wachstum für die Gesamtwirtschaft ist. Daher schaffen sie Anreize für die Versorgungsunternehmen, weiterhin in Wachstum zu investieren, indem sie deren zulässige Erträge erhöhen. Im Rahmen ihrer Infrastrukturzusagen werden Regierungen darüber hinaus umfangreiche Investitionen in die Elektrifizierung sowie die Aufrüstung und Modernisierung der Stromnetze tätigen und Maßnahmen zur Verbesserung der Widerstandsfähigkeit ergreifen. All dies betrifft die regulierten Stromversorgungsunternehmen direkt. Neue Energiequellen, ob traditionell oder erneuerbar, müssen nicht nur an das Netz angeschlossen werden. Auch das Netz selbst muss hinsichtlich seiner Kapazitäten aufgerüstet werden. 

Für Regierungen, die sich um die Energiesicherheit sorgen, wird die Resilienz ein besonderes Schwerpunktthema sein. Die Dekarbonisierung treibt die Nachfrage nach erneuerbaren Energiequellen weiter an. Um deren Intermittenz zu bewältigen und eine zuverlässige Stromversorgung zu gewährleisten, sind jedoch Investitionen in flexible Erzeugung und Energiespeicher notwendig. Jüngste Ereignisse wie der Stromausfall in Spanien haben zu einem Anstieg der Kapazitätszahlungen für integrierte Versorgungsunternehmen geführt. Das bedeutet, dass diese Unternehmen höhere Kapazitätszahlungen erhalten, um sicherzustellen, dass bei Bedarf ausreichend Strom zur Verfügung steht. 

Fallbeispiel: Aufgrund seiner historischen Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen für Heizzwecke ist der Weg Deutschlands zur Elektrifizierung weitaus schwieriger als der anderer europäischer Länder wie beispielsweise Frankreich. Um den höheren Strombedarf bewältigen zu können, muss die Netzinfrastruktur dringend modernisiert werden. Dies betrifft sowohl den Anschluss neuer Stromquellen an das Netz als auch die Modernisierung bestehender Netzanschlüsse. Infolgedessen wird Deutschland stärker in seine Netze investieren müssen als andere Länder. In Verbindung mit Deutschlands neuem Fokus auf Infrastrukturinvestitionen bietet sich der Regulierungsbehörde somit eine gute Gelegenheit, die Erträge für Versorgungsunternehmen anzuheben. 

Erträge sind auch ohne hohe laufende Renditen möglich

Auf den ersten Blick scheinen die von Versorgungsunternehmen gebotenen Erträge hauptsächlich von den laufenden Renditen abzuhängen. Dies führt uns zu einem weiteren falschen Dilemma, mit dem Anleger typischerweise konfrontiert sind, wenn sie Anlagen im Infrastrukturbereich in Betracht ziehen. Wer auf defensive Vermögenswerte angewiesen ist, sollte eine möglichst hohe laufende Rendite anstreben. Wenn Sie jedoch wie wir der Meinung sind, dass der Markt für laufende Renditen zu viel und für stetiges Wachstum sowie Reinvestitionen zu wenig bezahlt, gibt es einen anderen Weg. Wir sind davon überzeugt, dass Wachstum sowohl Bedarf als auch Knappheit impliziert, was in der Regel auch zu einer Unterstützung durch die Regierung oder Regulierungsbehörden führt. Die Konzentration auf wachsende, regulierte Vermögenswerte, die von strukturellen Themen profitieren, kann zu einem attraktiven Risiko-Rendite-Profil und im Laufe der Zeit zu schneller wachsenden Dividenden führen – insbesondere im Vergleich zu einem breit gefächerten Aktienengagement.

Wir sind der Meinung, dass die Erträge, die sich mit regulierten Versorgungsunternehmen erzielen lassen, die ihre überschüssigen liquiden Mittel in Wachstum reinvestieren, anstatt sie als Dividenden auszuschütten, aus mehreren Gründen steigen. Erstens ist der wichtigste Treiber für die Wertschöpfung von Netzwerken die Höhe der von der Regulierungsbehörde erlaubten Erträge. Aus unserer Sicht erkennen die Regulierungsbehörden zunehmend, dass die zulässigen Erträge auf einem attraktiven Niveau festgesetzt werden müssen, um Anreize für Neuinvestitionen zu schaffen. Diese Übereinstimmung zwischen Versorgungsunternehmen und Regulierungsbehörden macht sich allmählich in Form von Vorschlägen zur Erhöhung der zulässigen Gesamterträge für die Netzwerke vieler europäischer Versorgungsunternehmen bemerkbar. Höhere zulässige Erträge bedeuten höhere Erträge aus Wachstumsinvestitionen, was im Laufe der Zeit zu höheren Gesamterträgen führen sollte als die reine Vereinnahmung laufender Renditen. 

Zweitens sind wir seit Langem davon überzeugt, dass Unternehmen, die reinvestieren, das Potenzial haben, höhere Erträge zu erzielen. Es ist jedoch auch wichtig zu verstehen, dass viele europäische Versorgungsunternehmen durch bestimmte Mechanismen im Vergleich zu den letzten Jahren höhere potenzielle Erträge erzielen können. In einigen Ländern, beispielsweise Italien, Großbritannien und Deutschland, lassen die regulatorischen Rahmenbedingungen entsprechende Anreize zu. Diese Anreize können einen operativen (beispielsweise das Übertreffen von Kostenbenchmarks oder operativen Zielen) oder finanziellen Charakter haben (beispielsweise günstigere Kreditkonditionen als der von der Regulierungsbehörde festgelegte Zinssatz). Im Rahmen dieser Anreize können die „besseren“ Versorgungsunternehmen Erträge erzielen, die die von den Regulierungsbehörden erlaubten Gesamterträge übersteigen.

Fallbeispiel: Die von der deutschen Regulierungsbehörde zugelassenen Gesamterträge erscheinen auf den ersten Blick vielleicht nicht besonders attraktiv, es gibt aber erheblichen Spielraum, um die benchmarkbasierten Kostenpauschalen zu übertreffen – insbesondere für größere Unternehmen. 

Infrastruktur liegt im Trend. Die eigentliche Chance besteht jedoch darin, Vermögenswerte zu identifizieren, die von den aktuellen Wachstumschancen profitieren und attraktive Erträge liefern können. Wir sind der Ansicht, dass Anleger nicht gezwungen sind, sich unnötiger Zyklizität auszusetzen und so den durch Infrastrukturanlagen gebotenen Schutz gegen Kursverluste zu gefährden, nur um von strukturellen Positivfaktoren zu profitieren. Stabile Unternehmen, die regelmäßige Einkünfte bieten und gleichzeitig in Wachstum investieren, sind ein oft unterschätzter, aber entscheidender Bestandteil der nächsten Generation von Infrastrukturanlagen. 

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