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Ein neuer Ansatz für Rentenanlagen

Tobias Ripka, CFA, Investment Director
Margot Mittler, CFA, Relationship Manager
2024-02-29
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Die zum Ausdruck gebrachten Ansichten sind diejenigen der Autoren zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Dokuments. Andere Teams können andere Ansichten vertreten und andere Anlageentscheidungen treffen. Der Wert eines Investments kann gegenüber dem Zeitpunkt des ursprünglichen Investments steigen oder sinken. Von externen Anbietern stammende Daten werden zwar als verlässlich erachtet, doch gibt es keine Garantie für ihre Richtigkeit. Nur für professionelle, institutionelle oder zugelassene Anleger.

Anleger in Rentenwerten müssen heute in einem völlig neuen Umfeld agieren, was tiefgreifende Auswirkungen auf die Art und Weise hat, wie Renten- und vor allem Credit-Portfolios verwaltet werden.

Wie haben sich die Bedingungen an den Rentenmärkten verändert? 

Tobias: Die von niedrigen Zinsen und geringen Renditen geprägten Marktbedingungen der letzten Jahre sind inzwischen einem völlig neuen Umfeld für Rentenwerte gewichen. Wer im Jahr 2020 in Staatsanleihen investierte, hatte eine recht hohe Wahrscheinlichkeit, eine negative Rendite zu erhalten, d.h. im Grunde genommen für den Kauf von Staatsanleihen zu bezahlen. Selbst in Sektoren mit höheren Erträgen standen die Gesamtrenditen unter Druck. Blicken wir nun auf das Jahr 2023, so profitieren Anleihen von höheren Zinsen und, im Falle von Credit-Werten, von attraktiven Spread-Niveaus. 

Im vergangenen Jahr haben die Zentralbanken ihre Geldpolitik drastisch geändert, um die Inflation unter Kontrolle zu bringen, und wir gehen davon aus, dass sich dieser Trend fortsetzen wird. Mit Blick auf die Zukunft nehmen wir an, dass dieses neue, von höherer Inflation, erhöhter Volatilität und einer restriktiveren Geldpolitik geprägte Umfeld intakt bleiben wird. 

Diese neuen Rahmenbedingungen eröffnen langfristig orientierten Rentenanlegern interessante Anlagechancen. Das gilt insbesondere für den Credit-Bereich – sofern sie sich dort erfolgreich zurechtfinden, denn im Vergleich zu den letzten zehn Jahren ist dies nun unbekanntes Terrain. 

Was müssen Rentenanleger unter diesen neuen Bedingungen beachten? 

Tobias: Das neue makroökonomische Umfeld wird eine Reihe neuer Merkmale mit sich bringen, die jeweils die Art und Weise beeinflussen werden, wie wir Anleihen beurteilen. Unser Makroteam erwartet eine höhere und volatilere Inflation, eine größere Zinsvolatilität, eine restriktivere Geldpolitik, eine stärkere Streuung, insbesondere bei Credit-Werten, und weitere Phasen positiver Korrelation zwischen Anleihen und Aktien. Das bedeutet eine Vielzahl von Chancen – aber auch Risiken! – die es zu bewältigen gilt.

Wie sollten Rentenanleger an diese veränderten Rahmenbedingungen herangehen? 

Tobias: Es wurden zwar nicht alle Regeln über den Haufen geworfen, aber wir sind der Meinung, dass neue Sichtweisen erforderlich sein werden, um mit Anlagen in Rentenwerten Erfolg zu haben. 

  1. Die Rolle von Anleihen muss grundlegend überdacht werden. Eine volatilere Inflation ist eine Herausforderung für statische oder passive Rentenanlagen. Dynamischere und stärker diversifizierte Allokationen könnten sich daher anbieten. Wenn Anleger das gesamte Spektrum an festverzinslichen Wertpapieren in Betracht ziehen, von Staatsanleihen über das Kreditrisikospektrum bis hin zu verbrieften Schuldtiteln, haben sie eine bessere Chance, sich die für Anleihen wichtigen Eigenschaften zu sichern, beispielsweise Liquidität, Rendite und mit Aktien unkorrelierte Erträge. 
  2. Volatilität kann potenziell von Vorteil sein. Angesichts der Wahrscheinlichkeit einer erhöhten Volatilität und Streuung sind wir der Meinung, dass ein aktiver Ansatz erfolgreicher sein sollte. Rentenwerte sind zyklischer als häufig angenommen wird. Konkret hat der Wegfall der Unterstützung durch die Zentralbanken uns in unserer Überzeugung bestärkt, dass es sich bei Credit-Werten um eine zyklische Anlageklasse handelt und es entscheidend ist, in einem sich schnell verändernden Umfeld flexibel zu bleiben. Wir gehen davon aus, dass sich individuelle Credit-Anlagen im kommenden Zyklus sehr unterschiedlich entwickeln werden. 
  3. Es müssen verschiedene Perspektiven berücksichtigt werden. Im neuen Umfeld wird Erfolg stark davon abhängen, ob es einem Anleger gelingt, relevante Informationen zu identifizieren. Das wird wahrscheinlicher, wenn man Zugang zu verschiedenen Perspektiven – aus unterschiedlichen Regionen, Fachgebieten und Blickwinkeln – hat. Man darf nicht vergessen, dass die Emittenten von Anleihen auch auf Eigenkapitalfinanzierung über die öffentlichen oder privaten Märkte angewiesen sind. Als Verwalter von sowohl Aktien- als auch Rentenportfolios sind wir der Ansicht, dass ein Anlageverwalter mit Zugang zu Informationen von beiden Seiten der Kapitalstruktur gegebenenfalls fundiertere Anlageentscheidungen treffen kann. Außerdem sind wir der Meinung, dass ESG-Faktoren erheblichen Einfluss auf die langfristige Performance haben können, insbesondere da die Unterschiede zwischen den Emittenten mit Investment-Grade-Rating zunehmen. 
  4. Die Liquidität muss genau beobachtet werden. Die jüngsten Ereignisse im Vereinigten Königreich haben einmal mehr gezeigt, wie wichtig es ist sicherzustellen, dass die Liquiditätsprofile von Rentenportfolios auch für eine volatilere Marktlage geeignet sind. 

Worauf sollten Anleger in den nächsten zwölf Monaten achten? 

Tobias: Das kommende Jahr wird für die Rentenmärkte interessant werden. Wir rechnen nicht mit einer tiefen Rezession, glauben aber auch nicht, dass die Zentralbanken die Inflation bereits erfolgreich unter Kontrolle gebracht haben. Uns steht daher wahrscheinlich eine längere, aber flachere Rezession bevor und die Anleiherenditen könnten erhöht bleiben – vielleicht länger, als der Markt aktuell annimmt. Dementsprechend könnten Unternehmensanleihen robuste Renditen liefern, während die Unternehmen ihre Verbindlichkeiten in einem schwächeren, aber nicht katastrophalen wirtschaftlichen Umfeld abbauen. Wenn überraschende Zinsveränderungen den Markt auf dem falschen Fuß erwischen, könnte sich weitere Volatilität einstellen, was wiederum aktiven Fondsmanagern Möglichkeiten für eine Outperformance eröffnen würde.

Wie entwickeln wir unsere Plattform weiter, um die Bedürfnisse der Investmentexperten in diesem neuen Umfeld zu erfüllen?

Margot: Wir sind davon überzeugt, dass es für unsere Investmentexperten wichtig ist, auf breites Fachwissen aus sämtlichen Bereichen des Rentenmarktes zurückgreifen zu können. Unser Unternehmen verwaltet Anleihen schon seit 1928, über diverse Zyklen hinweg. Wir haben im Laufe der Zeit eine robuste Angebotsplattform mit spezialisierten Investmentteams aufgebaut, die sich auf die Investment-Grade- und High-Yield-Bereiche konzentrieren. Ein gemeinsames Merkmal all unserer Strategien ist die Überzeugung, dass ein aktiver Ansatz auf der Basis von Fundamentalanalysen den Schlüssel zu einer langfristigen Outperformance darstellt. 

Unserer Meinung nach eignet sich dieser Ansatz für das derzeitige Umfeld besonders gut. Eine größere Streuung, eine höhere Zinsvolatilität, eine stärkere Differenzierung zwischen den Ländern – all dies eröffnet hochinteressante Chancen für aktive Rentenanleger. Unserer Ansicht nach machen umfassende Researchressourcen und der Zugang zu einem breiten Spezialisierungsspektrum für eine große Bandbreite von Regionen und Sektoren eine Outperformance jedoch sehr viel wahrscheinlicher. Unsere Fixed-Income-Teams agieren unabhängig, sodass sie ihrer Anlagephilosophie und ihrem Investmentprozess treu bleiben können. Sie profitieren allerdings in hohem Maße von unserer Kultur der Zusammenarbeit. Diese bietet ihnen Zugang zu vielfältigen Perspektiven, die wir in diesem neuen Umfeld für extrem wichtig halten, seien es die Erkenntnisse ihrer Kollegen aus dem Aktienbereich oder die Analysen unserer Makro- oder geopolitischen Strategen.

Auch die Liquidität bleibt in diesem restriktiveren Umfeld ein kritischer Punkt. Wir sind stolz darauf, dass die von uns verwalteten Portfolios hochliquide sind. Wir wissen, wie wichtig es ist, unseren Kunden täglich Liquidität bereitstellen zu können, wenn sie sie am dringendsten benötigen.

Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit bei Rentenanlagen?

Margot: Die sorgfältige Berücksichtigung von ESG-Faktoren ist beim Identifizieren von Risiken und Chancen sowohl auf Branchen- als auch auf Unternehmensebene unserer Meinung nach inzwischen gleichrangig mit der fundamentalen Kreditanalyse zu sehen.

ESG-Faktoren können erheblichen Einfluss auf die langfristige Performance eines Unternehmens haben, insbesondere da die Unterschiede zwischen den Emittenten mit Investment-Grade-Rating zunehmen. Die immer größer werdenden mit ESG-Faktoren verbundenen Risiken in Bereichen wie dem Klimawandel oder den Lieferketten sowie die sich schnell verändernden Regulierungsvorschriften liefern weitere Impulse für leistungsstarke Unternehmen, ihre Nachhaltigkeitspraktiken zu verbessern. Diese zunehmende Dynamik hat es noch wichtiger gemacht, die wahrscheinlichen „Gewinner“ und „Verlierer“ in puncto ESG zu identifizieren. 

Wir haben äußerst wichtige Klimapartnerschaften mit zwei der weltweit führenden Institutionen in ihren jeweiligen Bereichen der Klimawissenschaften aufgebaut: mit dem Woodwell Climate Research Center und dem Massachusetts Institute of Technology (MIT). Unsere auf Rentenwerte spezialisierten Anlageexperten, die eine langfristige Perspektive einnehmen, müssen wissen, wie sich das Klima verändern wird, welche physischen Risiken und Übergangsrisiken bestehen und wie sie einen wohldurchdachten Ansatz für Investitionen im Rahmen der Energiewende entwickeln können. Für diese wissenschaftliche Analyse sind unsere Forschungspartnerschaften mit Woodwell und dem MIT von entscheidender Bedeutung.

Experten

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Tobias Ripka

, CFA

Investment Director
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Margot Mittler

, CFA

Relationship Manager