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Einzigartige Perspektiven

Analyse der Wirkung von Klimaresilienz

Oyin Oduya, CFA, Impact Measurement and Management Practice Leader
Louisa Boltz, Impact Measurement & Management Practice Associate
2024-02-29
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Die zum Ausdruck gebrachten Ansichten sind diejenigen der Autoren zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Dokuments. Andere Teams können andere Ansichten vertreten und andere Anlageentscheidungen treffen. Der Wert eines Investments kann gegenüber dem Zeitpunkt des ursprünglichen Investments steigen oder sinken. Von externen Anbietern stammende Daten werden zwar als verlässlich erachtet, doch gibt es keine Garantie für ihre Richtigkeit. Nur für professionelle, institutionelle oder zugelassene Anleger.

Kernaussagen

  • Unternehmen, deren Produkte und Dienstleistungen dazu beitragen, die Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel zu erhöhen, bieten immer häufiger attraktive Chancen für Impact-Investments.
  • Die Messung der Wirkung – eine entscheidende Komponente des Anlageprozesses für Impact-Fonds – gestaltet sich aufgrund der mangelnden Verfügbarkeit von Daten oft schwierig. Die Beurteilung der Wirkung von Klimaresilienz ist mit erheblichen Hürden verbunden, da die Bestimmung geeigneter Messgrößen und Daten aufgrund der Bedeutung des Kontextes in Zusammenhang mit Klimaresilienz erhebliches Fingerspitzengefühl erfordert. Eine Mischung aus qualitativen und quantitativen Daten kann zu einer ganzheitlichen Beurteilung der Wirkung beitragen. 

Die zunehmenden Argumente für Impact-Investments im Bereich Klimaresilienz

Neben Investitionen in Lösungen, die dazu beitragen, den Klimawandel (durch die Reduzierung oder Vermeidung von Treibhausgasemissionen) zu bekämpfen, können Impact-Investments unserer Meinung nach eine wichtige Rolle bei Lösungen spielen, die zu einer Stärkung der Widerstandsfähigkeit gegen die zunehmende klimatische Unsicherheit und Volatilität beitragen. Die Analysen, die wir gemeinsam mit unseren Partnern in Sachen Klimawissenschaft am Woodwell Climate Research Center durchführen, zeigen, wie dringend notwendig die Anpassung an den Klimawandel geworden ist, da die Häufigkeit und Intensität negativer Klimaereignisse bereits zunehmen. Impact-Anleger können dazu beitragen, dringend benötigtes Kapital in die am stärksten gefährdeten Gemeinden und Regionen zu lenken und das attraktive, mit dem wachsenden Angebot an Anlagemöglichkeiten im Bereich Klimaresilienz verbundene Wirkungs- und Ertragspotenzial zu erschließen.

Die Messung der erzielten Wirkung ist ein wichtiger Teil des Anlageprozesses von Impact-Fonds. Dabei werden sowohl qualitative als auch quantitative Daten herangezogen, um zu verfolgen, ob ein Portfolio und die ihm zugrunde liegenden Anlagen den beabsichtigten positiven Nettoeffekt für die Gesellschaft und/oder den Planeten haben. Die Messung der Wirkung von Lösungen zur Verbesserung der Klimaresilienz ist jedoch für uns und die gesamte Branche nach wie vor eine echte Herausforderung. Nachfolgend stellen wir unsere neuesten Einschätzungen zur Bewältigung dieser Herausforderung vor, wobei wir als Bezugspunkt die besser etablierte Messung im Bereich Klimaschutz ansetzen. Auf Basis unserer Beobachtungen umreißen wir Ansätze, die unseres Erachtens Anlageexperten helfen können, einige der inhärenten konzeptionellen und methodischen Schwierigkeiten bei der Messung der Wirkung in diesem wichtigen Bereich zu bewältigen. 

Herausforderungen bei der Wirkungsmessung für Lösungen im Bereich Klimaresilienz

Um die Impact-These für eine Lösung zur Verbesserung der Widerstandsfähigkeit zu formulieren und die Ergebnisse zu messen, zu überwachen und zu verifizieren, müssen mehrere Hürden überwunden werden. Abbildung 1 zeigt die wichtigsten Hürden und Unterschiede gegenüber dem vertrauteren Bereich des Klimaschutzes. Einige der wichtigsten sind:

  • Die Datenpunkte sind größtenteils qualitativ und situationsspezifisch: Es gibt keine allgemein akzeptierte Methode für die Ermittlung und Messung der Wirkung einer erhöhten Klimaresilienz – ganz im Gegensatz zum Klimaschutz, bei dem sich Anleger auf allgemeingültige quantitative Kennzahlen verlassen können. Wir haben keinen quantitativen Maßstab wie etwa „emittierte oder vermiedene Treibhausgase“, mit dem wir arbeiten können. Stattdessen müssen wir uns mit der komplexen Interaktion von klimatischen und sozialen Faktoren an einem bestimmten Standort auseinandersetzen.
  • Die Daten sind unsicher und hängen von mehreren Annahmen ab: Die Berücksichtigung lokaler und regionaler Auswirkungen des Klimawandels und des Zeitraums, über den sich der Klimawandel entfaltet, ist ein schwieriger, aber notwendiger Teil der Messung der Vorteile von Resilienz. Ein wichtiges Ergebnis einer erhöhten Klimaresilienz ist der zusätzliche Schutz von Menschen oder Vermögenswerten im Falle eines klimabedingten Schocks wie einer Überschwemmung oder Dürre durch Produkte/Dienstleistungen wie Hochwasserschutzanlagen oder wassersparende Technologien. Die zugrundeliegende Wirkung ist dabei der Nutzen aus dem vermiedenen Schaden oder Verlust im Vergleich zu einer fiktiven, kontrafaktischen Situation. Dies lässt sich nur mit größten Schwierigkeiten genau und konsequent messen, da oft die Zugrundelegung mehrerer Annahmen erforderlich ist. Darüber hinaus müssen die Ergebnisse gegebenenfalls im Vergleich zu einer sich verändernden Ausgangssituation gemessen werden, da beispielsweise der Umfang an zusätzlichen Hochwasserschutzmaßnahmen, die zur Gewährleistung der Widerstandsfähigkeit eines bestimmten Ortes erforderlich sind, im Laufe der Zeit zunehmen kann.
  • Ausschließlich indirekte Messung: Im Gegensatz zum Klimaschutz gibt es keine offensichtlichen Methoden zur Messung der direkten Wirkung der durch eine erhöhte Klimaresilienz vermiedenen Schäden. Das letztendliche Ergebnis lässt sich angesichts des anhaltenden Risikos des Klimawandels und der Vielzahl von Einflussfaktoren nur schwer bestimmen. Daher wird die Widerstandsfähigkeit häufig anhand von Konzepten wie der Risikoanfälligkeit oder auch anhand von Ersatzgrößen wie der Anpassungsfähigkeit bewertet, also der Fähigkeit eines Systems, die potenziellen Folgen des Klimawandels zu bewältigen.
Abbildung 1
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Wichtige Überlegungen und ein mögliches Rahmenkonzept 

Was sind angesichts dieser Schwierigkeiten die wichtigsten Punkte, die Anleger bei der Messung der Wirkung von Lösungen im Bereich Klimaresilienz berücksichtigen müssen?

Den Kontext verstehen

Anleger müssen sich ein detailliertes Bild der zu erwartenden Auswirkungen des Klimawandels sowie der lokalen Schwachstellen machen. Die folgenden Fragen können dabei helfen, diese Ziele zu erreichen: 

  • Können wir die relevanten Daten und qualitativen Informationen für die damit verbundenen Klimarisiken und Schwachstellen beschaffen?
  • Was sind die wichtigsten Triebkräfte für klimatische und nicht klimabedingte Veränderungen? Verstehen wir, wie sie miteinander verflochten sind und wie sie in unsere Bewertung einfließen?
  • Ist die vorgeschlagene Lösung für den Kontext geeignet? Können wir Bevölkerungsgruppen, Regionen oder Sektoren identifizieren, die besonders gefährdet sind?

Klar definieren, wie eine Lösung zu einer erhöhten Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel führen wird

Anleger müssen klar darlegen, wie das Produkt oder die Dienstleistung eines Unternehmens zur Verringerung der Anfälligkeit bzw. zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit beiträgt, und die zugrundeliegenden Annahmen darüber formulieren, wie der Wandel stattfinden könnte. Beispielsweise können folgende Aspekte beurteilt werden:

  • Die Bezahlbarkeit eines vorgeschlagenen Produkts oder einer Dienstleistung, insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass die Auswirkungen des Klimawandels ärmere Bevölkerungsgruppen unverhältnismäßig stark treffen
  • Potenzielle technologische Hindernisse für die Einführung (z.B. veraltete Prozesse oder Infrastrukturen)
  • Widerstand gegen eine Änderung des Status Quo, wenn die Lösung eine Verhaltensänderung des Endverbrauchers erfordert

Außerdem ist es wichtig, diese Hypothesen und Annahmen regelmäßig auf den Prüfstand zu stellen, um unsicheren Klimaprognosen und sozioökonomischen Veränderungen Rechnung zu tragen.

Verwendung leistungsbezogener Indikatoren als Referenzgrößen

Die zur Messung der Wirkung gewählten Indikatoren sollten den Beitrag der Lösung zur Klimaresilienz unter Berücksichtigung des jeweiligen Kontextes plausibel darstellen. Es ist wichtig, die verfügbaren Daten bestmöglich zu nutzen – selbst wenn sie nicht die gesamte Situation erfassen.

Kontext: Die zunehmende Häufigkeit von extremen Witterungsverhältnissen führt zu einem höheren Risiko von Stromausfällen und einem erhöhten Bedarf an Notstromversorgung in privaten Haushalten. Beispielsweise waren rund 83% der gemeldeten größeren Stromausfälle in den USA auf witterungsbedingte Ereignisse zurückzuführen.1 Bei der Betrachtung von Lösungen, die die Widerstandsfähigkeit der Haushalte gegenüber Stromausfällen erhöhen, wie z.B. Notstromversorgung, flexible Stromversorgung oder erneuerbare Energien, bezieht sich der letztendliche Nutzen in puncto Klimaresilienz auf einen Rückgang der Anfälligkeit gegenüber Stromausfällen. Dies ist eine eng definierte Größe, die sich nicht leicht in einer einzigen Zahl erfassen lässt, da sie von schwer vorhersehbaren Faktoren wie der wahrscheinlichen Anzahl wetterbedingter Ereignisse oder dem zukünftigen Verhalten der Menschen abhängt. Die Verwendung einer einfachen leistungsbezogenen Kennzahl wie der Anzahl der verkauften Einheiten oder der Zahl der versorgten Haushalte, gestützt durch detaillierte Analysen, die diese Kennzahlen mit einer höheren Klimaresilienz in Verbindung setzen, ist eine zwar unvollkommene, aber pragmatische Lösung. 

Direkter Dialog mit Unternehmen zur Verbesserung der Offenlegungen

Nicht alle Unternehmen veröffentlichen die für den Nachweis der Wirkung ihrer Produkte oder Dienstleistungen auf die Klimaresilienz erforderlichen Daten. Daher ist es wichtig, direkt mit der Unternehmensleitung oder den Nachhaltigkeits- bzw. Investor-Relations-Teams zu sprechen, um die Bedeutung dieser Angaben zu betonen.

Kontext: Viele Unternehmen sind es eher gewohnt, Umweltdaten über ihre eigenen betrieblichen Abläufe als über die Wirkung ihrer Produkte und Dienstleistungen auf die Endverbraucher zu veröffentlichen. Ein aktiver Dialog mit Unternehmen, um die Bedeutung von Kennzahlen zur Klimaresilienz (bzw. der für ihre Berechnung erforderlichen Referenzgrößen) hervorzuheben, kann diese dazu anregen, in Zukunft detailliertere Angaben zu machen. 

Betrachtung eines breiten Spektrums von Daten:

Lösungen, die die Klimaresilienz erhöhen, hängen von verschiedenen ökologischen und sozioökonomischen Faktoren ab, die sich jeweils nur schwer kontrollieren lassen. Bei einer isolierten Umsetzung ist der Erfolg nicht garantiert. Daher ist es wichtig, auch ein breites Spektrum von Daten zu betrachten, die zwar vielleicht nicht dem Projekt alleine zurechenbar sind, aber dennoch einen Einfluss auf dessen Erfolg haben können. 

Kontext: Bei der Betrachtung einer Lösung, die darauf abzielt, den Ertrag einer bestimmten Kulturpflanze zu steigern, indem der Anbauprozess widerstandsfähiger gegenüber extremen Witterungsbedingungen gemacht wird, würden wir als zusätzliche Perspektive auch Faktoren berücksichtigen, die die gesamte Lebensmittelversorgungskette in der jeweiligen Region betreffen. Anhand dieser Daten können wir die Bedeutung dieser konkreten Lösung in einem allgemeineren, regionalen Kontext bewerten. 

Fazit

Wir sind der Meinung, dass diese Leitlinien als nützliche Anhaltspunkte für Anleger dienen können, die die Wirkung von Anlagen im Bereich der Klimaresilienz messen möchten. Unserer Auffassung nach bedeuten die inhärenten methodischen Herausforderungen und die komplexen Ziele der Resilienzmessung, dass der angewandte Ansatz so flexibel sein muss, dass er mit oftmals unvollkommenen und begrenzten Datensätzen arbeiten kann. 

Die Schwierigkeiten bei der Messung der Wirkung von Klimaresilienz sollten unserer Meinung nach kein einschränkender Faktor für Investitionen in diesem Bereich sein. Bei der 2022 abgehaltenen COP27 hat der Generalsekretär der Vereinten Nationen zu dringendem Handeln aufgerufen und darauf hingewiesen, dass die für die Förderung der Klimaresilienz zur Verfügung stehenden Mittel im Vergleich zu dem geschätzten jährlichen Bedarf – 340 Milliarden US-Dollar allein in den Entwicklungsländern – gering sind. Als Teil eines globalen Ökosystems, das politische Entscheidungsträger, Unternehmen und Einzelpersonen umfasst, können Impact-Anleger attraktive Erträge erzielen und gleichzeitig eine wichtige Rolle beim Schließen dieser Finanzierungslücke im Bereich Klimaresilienz spielen.
 

Unser Ansatz für nachhaltige Anlagen

Experten

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Oyin Oduya

, CFA

Impact Measurement and Management Practice Leader
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Louisa Boltz

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